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Geteilte Führung braucht “Vertrauen und gesunden Menschenverstand”

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Als Frauke Lucks und Cornelius Hünemeyer Anfang der 2000er-Jahre Büronachbar*innen wurden, hätten sie wohl nicht erwartet, dass sie sich gut 20 Jahre später nicht mehr nur denselben Flur, sondern aber dieselbe Führungsposition teilen würden. Heute leiten die beiden bei HAMBURG WASSER einen der wichtigsten Geschäftsbereiche mit 600 Mitarbeiter*innen, die sich auf sieben Standorte verteilen. Ich wollte wissen, wie das im Alltag funktioniert, wie es überhaupt zu dem Modell kam und was sich seitdem in ihrem Leben verändert hat. Im virtuellen Gespräch haben sie mir Antworten gegeben.

Geteilte Führung – dieses Thema bahnte sich einige Jahre heimlich, still und leise den Weg in die Öffentlichkeit. In diesem Jahr, so mein Eindruck, ist es aber so richtig laut geworden. Ein Trend nahezu. Kaum ein Leadership-Kongress kommt ohne einen Blick auf Doppelspitzen aus – was ich persönlich ganz hervorragend finde. Was auffällt: Die Beispiele für Top-Sharing kommen meist aus Konzernen und sind vorwiegend weiblich geprägt. Umso schöner, mit Frauke Lucks und Cornelius Hünemeyer ein genderdiverses Duo gefunden zu haben.

Überwiegend ist es außerdem so, dass sich Job-Tandems gemeinsam auf eine ausgeschriebene Stelle bewerben. In diesem Fall war es anders: Cornelius Hünemeyer hatte die Leitung des Bereichs „Netze“, der für die Versorgung von zwei Millionen Menschen mit Trinkwasser und für die entsprechende Entsorgung von Abwasser betraut ist, zunächst drei Jahre allein inne. Eine Position, die er bis heute gerne besetzt. Dass er sie im Frühling 2019 dennoch nicht mehr allein und in Vollzeit ausfüllen wollte, hatte im Wesentlichen zwei Gründe. 

„Die Aussicht, noch weitere 15 Jahre denselben Job allein zu machen, dabei immer eng getaktet zu sein – da fehlte etwas.“

Cornelius Hünemeyer

Einer davon ist ein (vor allem für Frauen) häufiger: Cornelius Hünemeyer und seine Frau waren kurz zuvor Eltern geworden. Für ihn war das, wie er selbst sagt, „der akute Auslöser, Nägel mit Köpfen zu machen“. Ihn habe aber auch eine ganz andere Überlegung dazu bewegt: „Mit über 20 Jahren bin ich schon wirklich lange im Unternehmen. Die Aussicht, noch weitere 15 Jahre denselben Job allein zu machen, immer getaktet zu sein – da fehlte etwas. Ich möchte einen Teil meiner wöchentlichen Zeit auch mit etwas anderem verbringen. Natürlich gern mit Kind, Familie und Haushalt, aber auch mit ganz anderen Dingen. Ich bin überzeugt davon, dass man dadurch in allem viel besser ist, weil man andere Einflüsse, Inspiration und Ausgleich hat.“

Top-Sharing: Idee bei der Geschäftsleitung platzieren

Diese Erkenntnis kam zu einem passenden Zeitpunkt: Weil Bereichsleiter*innen-Stellen bei HAMBURG WASSER traditionell befristet sind, stand für Cornelius Hünemeyer ohnehin ein Gespräch mit der Geschäftsleitung zur potentiellen Vertragsverlängerung an. Das nutzte der frischgebackene Familienvater, um den Vorschlag, seine Stelle zu zweit zu besetzen, vorzubringen. Die Reaktion der Geschäftsführung? “Ich weiß es nicht mehr ganz genau“, grübelt Hünemeyer. „Die Reaktion war sehr positiv und gleichzeitig professionell. Da es bislang kein Top-Sharing bei HAMBURG WASSER gab, verständlicherweise auch ein wenig irritiert. Ich wurde entsprechend schnell gefragt, wie ich mir das konkret vorstelle.“ Darauf habe er dann ebenso schnell eine Antwort gehabt, wobei „ich mich ehrlich gesagt nicht mit Modellen anderer beschäftigt habe, sondern einfach von meiner Erfahrung mit der Stelle ausgehend überlegt habe, wie man sie sich teilen könnte.“ 

Nachdem die Idee akzeptiert und konkretisiert worden war, startete ein Besetzungsverfahren, an dem der bisher alleinige Stelleninhaber Hünemeyer vorerst nicht beteiligt war. „Das war die Spielregel. Ich habe Frau Lucks als mögliche Tandempartnerin ins Gespräch gebracht. Die Geschäftsführung behielt sich vor, die Person, mit der sie dann zusammenarbeiten, zunächst allein auszuwählen. Ich habe keine Bewerbungen gesehen und auch nicht ausgiebig mit der begleitenden Personalabteilung gesprochen. Mit ihr gab es, wenn ich mich recht erinnere, nur ein kurzes Gespräch, in dem abgeklopft wurde, was ich für ein Mensch bin und wer dazu passen könnte.“ Ich fragte, ob er am Ende ein Veto hätte einlegen können, sollte jemand ausgewählt worden sein, mit dem er sich die Zusammenarbeit so gar nicht hätte vorstellen können. „Ich weiß nicht, vermutlich schon? Zu einem Veto ist es ja glücklicherweise nicht gekommen.“

Frauke Lucks, seine ehemalige Flurnachbarin, war es, die nach Gesprächen mit der Geschäftsleitung und einem Management Appraisal als neue, zweite Besetzung der Leitungsstelle benannt wurde. Ganz am Anfang, als sie erfuhr, dass „geteilte Leitung” bedeuten würde, ihrer bisherigen Arbeitszeit fast zu halbieren, war sie „ehrlich gesagt etwas geschockt. Ich habe immer Vollzeit gearbeitet  und das gehörte zu meinem Selbstbild. Also, dass ich montags zur Arbeit gehe und freitags ins Wochenende. Als ich hörte, dass es um eine 55%-Stelle geht, habe ich mich erstmal irritiert gefragt, was ich denn mit der freiwerdenden Zeit machen soll.“ 

Top-Sharing: Ideal für alle, die kein einsamer Wolf sein wollen

Zwei Aspekte gaben für sie dann aber dennoch den Ausschlag, ins Top-Sharing zu gehen: die Leidenschaft für den Unternehmensbereich „Netze“ sowie die Möglichkeit, in diesem Modell Führung so mit Leben zu füllen, wie es ihrer Überzeugung entspricht. „Oft haben Führungskräfte Angst, sind einsam oder überlastet“, fasst Frauke Lucks ihre Erfahrungen zusammen. „Als ich selbst Führungskraft war, fühlte ich mich häufig getrieben. Ich war nicht gut im Kontakt mit mir, konnte mein Potenzial nicht voll abrufen und war entsprechend nicht immer glücklich mit dem Job.“ Ein Top-Sharing-Modell ermögliche auch Menschen wie ihr, die kein einsamer Wolf sein wollen, die Rolle als Führungskraft. 

„Zu wissen, dass wir als Team bessere Lösungen finden als ich allein, ist für mich eine totale Entlastung.“

Frauke Lucks

Heute, nach gut eineinhalb Jahren Praxiserfahrung, kommt für sie noch ein weiterer Vorteil hinzu: „Ich erlebe, wie großartig es ist, jemanden zu haben, der eins zu eins den gleichen Job macht. Der sich verantwortlich fühlt für das Gleiche. Natürlich machen wir auch Sachen allein, aber in wichtigen Punkten einen Sparringspartner zu haben, mit dem man über offene Fragen sprechen kann, das ist toll. Zu wissen, dass wir in diesen Punkten als Team dann bessere Lösungen finden als die, die ich allein gefunden hätte, das ist für mich eine totale Entlastung.“

Das bestätigt auch Führungskollege Hünemeyer: „Wir sind zu zweit im Hirn mehr. Ich habe mehr Gedanken und mehr Ideen als allein. Wir können sehr schnell anstehende Entscheidungen abklopfen, mit dem gleichen Fokus, aber mit unterschiedlichen Nuancen in der persönlichen Betrachtung. In der Sache erreichen wir also mehr, die persönliche Last ist währenddessen geringer. Das ist nicht nur für uns persönlich gut, sondern auch fürs Unternehmen.“ 

Top-Sharing: So funktioniert die konkrete Zusammenarbeit

Nachdem ich dem Duo Lucks und Hünemeyer eine Weile zugehört habe, habe ich keine Zweifel mehr daran, dass ihre Zusammenarbeit sehr gut funktioniert. Niemand der beiden scheint irgendwelche Eitelkeiten mit sich herumzutragen, beide scheinen vor allem an einem interessiert zu sein: dass ihr Geschäftsbereich gut funktioniert. Aber wie gelingt das konkret im Tagesgeschäft? Wie werden in einem Führungs-Tandem Informationslücken vermieden und Zuständigkeiten definiert? Und wie Arbeitszeiten verteilt? Auch zu diesen Fragen bekomme ich Antworten – und sie fallen weit weniger komplex aus, als ich es vermutet habe.

  • Arbeitszeitaufteilung

Die eine Hälfte des Duos arbeitet montags bis mittwochs, die andere mittwochs bis freitags. Wer die erste Hälfte der Woche übernimmt und wer die zweite, rotiert monatlich. „Damit stellen wir sicher, dass jede*r von uns bei Meetings, die immer an bestimmten Wochentagen stattfinden, regelmäßig vertreten ist.“

  • Persönlicher Austausch

Der gemeinsame Mittwoch ermöglicht Frauke Lucks und Cornelius Hünemeyer, sich persönlich über Themen und To Dos abzustimmen. Durchschnittlich zwei Stunden werden dafür benötigt. Außerdem telefonieren beide traditionell am Ende ihrer jeweiligen Arbeitseinheit, also Dienstagabend bzw. Freitagabend miteinander, um einen kurzen Überblick über die Geschehnisse zu geben. Der Zeitaufwand dafür: ebenfalls rund zwei Stunden wöchentlich. 

Hinzu kommen spontane Telefonate, die sich durch Corona in ihrer Zahl erhöht haben. „Den Abstimmungsbedarf sollte man nicht unterschätzen und sich unbedingt erlauben. In unserem Metier ist es jedenfalls sehr nötig, weil es bei uns viel Tagesgeschäft gibt. Der morgens gefasste Plan geht oft dann doch nicht auf und man muss sich über die tagesaktuellen Themen in Technik und Personal austauschen.“

  • Digitaler Austausch

Mehrdimensionale Cloud-Lösungen? Ein hoch frequentierter Chatkanal? Teure Projektmanagement-Software? Welche digitalen Lösungen und Routinen werden vom Duo Lucks-Hünemeyer genutzt? Die erstaunliche Antwort: „Nachdem wir einiges davon ausprobiert haben, sind wir am Ende beim guten alten Word-Dokument gelandet.“ Innerhalb einer Ordnerstruktur werden einzelne Dokumente abgelegt, an denen gemeinsam gearbeitet wird. Frauke Lucks hat zudem immer eine Entwurf-Email an Cornelius Hünemeyer offen, wo sie während ihres Arbeitsabschnittes regelmäßig Punkte hinzufügt, die für die Übergabe an ihrem letzten Arbeitstag relevant sind. Die schickt sie dann am Ende ab und geht sie ergänzend mit ihrem Kollegen am Telefon durch. „Es liegt gar nicht so sehr an den Werkzeugen, ob etwas klappt oder nicht“, meint dieser. „Man kann mit sehr einfachen Werkzeugen eine Menge schaffen, zumindest hier in unserem Arbeitsbereich.“

  • Austausch mit dem Team

Jede*r der 600 Mitarbeiter*innen des Geschäftsbereiches Netzes hat einen disziplinarischen Ansprechpartner. Routinen mit Abteilungsleiter*innen, mit denen beide zu tun haben, werden auf den gemeinsamen Mittwoch gelegt. Ein „Ausspielen durch Mitarbeiter*innnen“ gäbe es nicht. Sowohl Frauke Lucks als auch Cornelius Hünemeyer sehen die Wahl zwischen zwei Ansprechpartner*innen im Tagesgeschäft vielmehr als Chance: „Durch zwei Personen steigt die Chance, dass Mitarbeiter*innen ein passenderes Gehör finden. Unser Team weiß und bemerkt unsere Unterschiedlichkeit und es ist auch total okay, wenn sich jemand überlegt, eine Sache eher bei dem einen und eine anderen bei dem anderen anzusprechen. Das ist ja auch eine große Stärke des Modells.“

Top-Sharing: Eine Sache von Vertrauen und gesundem Menschenverstand

Im Falle des Pilot-Tandems von HAMBURG WASSER war es demnach weit weniger schwierig, ein Top-Tandem für einen Bereich mit 600 Mitarbeiter*innen und einer großen infrastrukturellen Verantwortung für zwei Millionen Haushalte in und um Hamburg zum Leben zu erwecken, als man zunächst annehmen würde. Wie sooft sind es eben auch hier nicht die Tools und Techniken, die über den Erfolg oder Misserfolg entscheiden, sondern die Haltung.  

„Das hat vor allem etwas mit gesundem Menschenverstand zu tun. Mit der Wellenlänge füreinander. Und mit Vertrauen“, so Frauke Lucks. „Für mich ist es so: Wenn Cornelius eine Entscheidung trifft, dann ist die erst einmal für mich richtig. Manchmal hinterfrage ich die dann nochmal und brauche mehr Infos zur Entscheidungsfindung, aber nach außen und innen ist es wichtig, das Gefühl voneinander zu haben, dass man das Gleiche will. Solange man dieses Vertrauen ineinander hat, ist der Rest ein wenig drüber nachdenken und organisieren.“

Top-Sharing: Eine Maßnahme, für mehr Chancengleichheit

Verfolgt man die unternehmerische Strategie von HAMBURG WASSER und Statements der Geschäftsleitung aus den vergangenen Jahren, kann man erahnen, dass die Organisation verstanden hat, was Mitarbeiter*innen heute brauchen.  Aktuell arbeiten rund 16 Prozent der Belegschaft in Teilzeitmodellen, davon sind über 6 Prozent Männer. Männliche Führungskräfte in Elternzeit sind längst keine Ausnahmen mehr und bis 2030 möchte das Unternehmen einen Anteil von Frauen in Führungspositionen von 50 Prozent erreichen. Schon jetzt sind Frauen in Führung bei HAMBUG WASSER keine Exotinnen mehr – und das, obwohl die Wasserwirtschaft lange als absolute Männerdomäne galt. Bereits heute sind über 19 Prozent der Führungskräfte bei HAMBURG WASSER Frauen – 50 Prozent mehr als in den Chefetagen der DAX-notierten Unternehmen.

„Das Thema Chancengleichheit hängt untrennbar mit der Unternehmens- und Führungskultur einer Organisation zusammen.”

Nathalie Leroy

Chancengleichheit ist eines der zentralen Unternehmensziele von HAMBURG WASSER und wird vor allem von der kaufmännischen Geschäftsführerin Nathalie Leroy in Interviews wiederkehrend betont. In einer offiziellen Stellungnahme beschreibt sie, wie schwierig es einerseits ist, Frauen für eine Männerdomäne wie die Wasserwirtschaft zu begeistern. Sie beschreibt aber andererseits auch, wie es gelingen kann: „Wer glaubt, das Problem allein durch Quoten zu lösen, irrt. Was wir benötigen, ist ein fundamentalerer Wandel. Frauen in Führungspositionen müssen genauso selbstverständlich sein wie Männer in Teilzeit.“ Und auch Arbeitszeit mit neuer Bedeutung zu füllen, sowie neue Führungsmodelle zu etablieren sind für Leroy Ansatzpunkte: „Statt einer Präsenzkultur brauchen wir eine Vertrauenskultur. Job-Sharing darf in Sachen Führung kein Tabu mehr sein.“

Dass weitere Top- und Job-Tandems mehr Frauen ins Unternehmen bringen würden, davon ist Frauke Lucks überzeugt. „Die Glaubwürdigkeit in Sachen Familienfreundlichkeit wird definitiv gefördert. Überhaupt wird das Unternehmen attraktiver für Mitarbeiter*innen. 700 neue Kräfte werden in den nächsten Jahren in der Hamburger Organisation benötigt, möglichst groß soll die Vielfalt sein. 

Top-Sharing: Mehr Entspannung und leichtere Lebensorganisation

Eineinhalb Jahre Top-Tandem liegen inzwischen hinter Frauke Lucks und Cornelius Hünemeyer. Ihr Zwischenfazit fällt eindeutig aus: Sie bereuen nicht, den Schritt gegangen zu sein. Hünemeyer stellt vor allem im Bereich der Regeneration positive Effekte fest: „Ich bin schnell im Freizeit-Modus, weil ich die Arbeit in guten Händen weiß. Früher habe ich mich am Wochenende doch immer häufig mit beruflichen Gedanken getragen, weil ich ja wusste, dass in der Zwischenzeit nichts passiert.“ Jetzt sei die Erholung einfacher. 

Seine Kollegin kann von ähnlichen Effekten berichten: „Ich bin deutlich entspannter, das nimmt mein Umfeld auch wahr“, beschreibt sie. „Die Lebensorganisation ist viel einfacher geworden. Und ich habe wieder viel mehr Freude daran, Menschen zu treffen. Früher wollte ich das zwar, aber es war auch immer irgendwie Stress, weil ich mit dem Kopf nicht ganz da war.

Jetzt kann ich das viel mehr genießen. Ich habe Zeit in Selbstreflexion gesteckt, habe eine Mediationsfortbildung gemacht, entdecke nochmal ganz andere Seiten. Das alles hätte ich nie gemacht, wenn ich Vollzeit gearbeitet hätte. Das ist toll, die Welt nochmal so für sich weiten zu können. Es ist ein Geschenk, für das ich wirklich dankbar bin.“

Jugendherbergen: Zurück in die eigenverantwortliche Zukunft

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So viele Unbekannte, wie in den letzten Monaten, hatten Führungskräfte nie zuvor in ihrer Unternehmensgleichung. „Wo stehen wir gerade und was heißt das für mein Team?“ – diesen Status quo in Ruhe zu definieren und ihn vorerst als gültig anzusehen, war nach Beginn der Corona-Pandemie nicht mehr möglich. Situationen änderten sich wochenlang in rasender Geschwindigkeit. Welchen Einfluss hat das auf die Menschen genommen, von denen Mitarbeiter*innen sich im Krisenfall verlässliche Informationen holen? Wie gehen Führungskräfte mit dem gestiegenen Bedarf an Orientierung um und wie hat sich Covid19 auf die interne Kommunikation ausgewirkt? Ich habe Antworten bei einem dezentral organisierten Tourismusplayer gesucht: bei den Jugendherbergen im Nordwesten.

Es hätte ein vergleichsweise entspanntes Jahr 2020 werden können für die Jugendherbergen im Nordwesten. Nach tempo- und arbeitsreichen Jahren, in denen der DJH-Landesverband mit 26 Standorten und rund 650 Mitarbeiter*innen einige Entwicklungen angestoßen hatte, wurden mehr und mehr positive Auswirkungen sichtbar: Übernachtungszahlen stiegen, die Suche nach auf dem Arbeitsmarkt schwer zu findenden Fachkräften klappte schneller, Ziele der Nachhaltigkeits- und Gemeinwohlstrategie wurden erreicht, innovative Klassenfahrtprogramme etabliert, Umbau- und Sanierungsprojekte erfolgreich abgeschlossen. Image und wirtschaftliche Situation? Richtig gut!

„Der Wind traf auf geöffnete Segel und unser Schiff nahm gerade ordentlich Fahrt auf“, fasst Thorsten Richter, Geschäftsführer der Jugendherbergen im Nordwesten, den status quo zum Jahreswechsel 2019/20 bildhaft zusammen – und mit solchen selbstbewussten Aussagen geht der 55-jährige in der Regel sparsam um. Die Corona-Pandemie und die bundesweite Schließung aller Jugendherbergen am 17. März 2020 waren für ihn und seine Mitarbeiter*innen daher „ein Vollcrash“. 

Krisenerprobtes Management 

Dass eine Krise unbekannten Maßes bevorstehen würde, wussten Richter und seine Führungskräften schon am 20. Februar. Dass es genau dieser Tag war, darüber geben die Protokolle des unmittelbar einberufenen Krisenstabs eindeutig Auskunft. Dieses Team war – und das stellte sich schnell als Segen heraus – bereits krisenerprobt. „Bereits 2016 hatten wir ein professionelles Krisenmanagement implementiert“, berichtet Richter. Zwei fiktive Krisenfälle haben sie seitdem durchgespielt – mit allem Zipp und Zapp. „Unsere Geschäftsstelle in Bremen, in der unter anderem die Bereiche Marketing, Controlling, Qualitätsmanagement und Buchhaltung ansässig sind, ist in diesen konstruierten Fällen mehrere Tage tatsächlich in den Krisenmodus gegangen. Von Arbeitszeiten über Telefonweiterleitungen bis hin zu Meetings haben wir alles realitätsgetreu und unter Anleitung unseres externen Beratungsteams abgewickelt.“ 

Ein Zeit- und Finanzinvest, der sich schon nach einem Brand in einer Jugendherberge 2017 auszahlte – und in Corona-Zeiten wieder für Stabilität und Aktionismus in die richtige Richtung sorgte. Gerade beim Geschäftsführer. „Ich mache den Job jetzt seit knapp 25 Jahren und hatte Ende Februar natürlich neben all den organisatorischen Herausforderungen auch mit der schmerzenden Erkenntnis zu tun, dass alles, was wir aufgebaut haben, auf dem Spiel steht.“ Dass sich die Führungsriege durch das funktionierende Krisenmanagement auf der operativen Arbeitsebene schnell sortiert konnte, habe in der ersten Chaosphase große Sicherheit gegeben. „Man darf nicht unterschätzen, wie hilfreich es ist, sofort zu wissen, welche Menschen man an den Tisch holen muss, wie die Kommunikation gesteuert ist und wer der Kreis der Betroffenen ist“, so Richter.

Ξ Eigeninitiative? Darüber hat sich Kim Gedanken gemacht und festgestellt: dafür braucht es auch Selbstreflexion.

Das bestätigt auch Birgit Hägemann, Leiterin der Programmentwicklung bei den Jugendherbergen im Nordwesten. „Was wir außerdem durch das Krisenmanagement gelernt haben: uns schnell vor die Lage zu setzen. Wir wissen, dass wir pro-aktiv etwas tun können.“ Hägemann gehörte zu den Mitarbeiter*innen, die dafür nicht erst auf grünes Licht vom Geschäftsführer gewartet, sondern schnell und eigeninitiativ an konstruktiven Lösungen gearbeitet haben. 

“Unternehmenswerte wirkten wie Scheinwerfer im Nebel”

Birgit Hägemann

Ohne beispielsweise zu wissen, ob Klassenfahrten in 2020 überhaupt noch einmal stattfinden würden, hat sie sich hingesetzt und Klassenfahrten konzipiert, die an Corona angepasst sind und den bisherigen Qualitätsstandards der für die Inhalte entsprechen. Mit zentralen Partner*innen hat sie konkreten Details (Wie viele Schutzmasken haben wir eigentlich in unseren Erste-Hilfe-Koffern?) und große gesellschaftliche Fragen („Welche Kompetenzen müssen wir bei Kindern & Jugendlichen in den kommenden Jahren stärken, damit sie besser auf Krisen vorbereitet sind?“) abgeklopft. Eine Landingpage für Lehrer*innen ins Netz gestellt, die  sich über corona-konforme Klassenfahrten informieren wollen. Ihre Arbeitsweise bei all dem: genauso selbstbestimmt wie vor der Krise. 

Digitale Zusammenarbeit

„Ich war natürlich im Vergleich zu Mitarbeiter*innen außerhalb der Geschäftsstelle in einer privilegierten Situation. Von Beginn der Pandemie an saß ich mindestens dreimal in der Woche mit der Geschäftsleitung und anderen Führungskräften digital zusammen. 

Ξ Digitale Zusammenarbeit aus dem Home Office: Was es arbeitsrechtlich zu beachten gibt, hat Mareike zusammengefasst.

Wir haben das große Glück, dass Thorsten Richter als Geschäftsführer Informationen nicht in kleinen Scheibchen vermittelt, sondern immer gleich alles auf den Tisch legt – auch, wenn es schlechte Nachrichten gibt. Das ist nicht immer und nicht für jede*n sofort leicht verdaulich, aber ich persönlich kann so sehr gut arbeiten. Ich weiß immer wo ich stehe, worum es gerade geht und bin so schnell in der Lage, selbstbestimmt zu schauen, welchen Beitrag mein Team und ich leisten könnten.“

Ein sicheres Gefühl habe ihr zudem das feste Wertgefüge gegeben, das sich vor allem in den vergangenen zwei Jahren innerhalb der Organisation gefestigt hätte. Nicht zufällig, sondern im Rahmen eines gezielten Personalentwicklungsprozess, den Thorsten Richter prägnant zusammenfasst: „Wir wollen ein Arbeitgeber sein, der dem Markenkern Gemeinschaft erleben auch intern gerecht wird“ 2018 gründete er daher eine Arbeitsgruppe, stellte zusätzliches Budget für interne Maßnahmen bereit und zog eine Fachfrau für Veränderungsmanagement hinzu. Sie etablierte unter anderem profile dynamics-Methoden – ein Ansatz, der realisiert, was sich Arbeitnehmer*innen von heute wünschen: eine Unternehmenskultur, die von Empathie, Selbstwirksamkeit und Teilhabe geprägt ist. 

Klare Unternehmenswerte

„In einer so undurchsichtigen Chaossituation, wie wir sie zu Beginn der Pandemie erlebt haben, sind gemeinsame Grundwerte ein unfassbarer Wert“, so Programmentwicklerin Hägemann. „Zusammenhalt, Selbstverantwortung und Zuversicht – das sind unsere. Sie wirkten wie Scheinwerfer durch den Nebel, der allen wieder zeigt, worauf es sich zu konzentrieren gilt.“ 

Tatsächlich sei ihm eine Kultur der Selbstverantwortung enorm wichtig, so Thorsten Richter, „Ich würde behaupten, dass unsere Unternehmenskultur von der Überzeugung geprägt ist, dass die Ergebnisse besser werden, wenn Mitarbeiter*innen möglichst viel und früh einbezogen werden“, so der Geschäftsführer. Eine der zentralen Führungsqualitäten für ihn: vernetzt denken zu können. „Man muss immer schnell erkennen, wer von einer Entscheidung betroffen ist und was sie für diejenigen bedeutet, die sie am Ende umsetzen müssen. Und diesen Personenkreis wollen wir bestmöglich einbeziehen und zum eigenverantwortlichen Entwickeln von Lösungen animieren. Nicht immer können wir alle Vorschläge berücksichtigen, aber sie sollen gehört und so oft wie möglich berücksichtigt werden.“

„Ergebnisse werden besser, wenn wir möglichst viele Mitarbeiter*innen einbeziehen“ 

Thorsten Richter

Diesen Führungsstil kann der Geschäftsführer seit der Pandemie allerdings nur bedingt aufrechterhalten. Das Tempo der Entwicklung einerseits,  Kurzarbeit und Home Office andererseits erschweren in der aktuellen Krise, viele verschiedene Perspektiven in die Entscheidungsprozesse einzubeziehen. 

Häufig wird dies von den Mitarbeiterinnen allerdings auch gar nicht mehr in dem Maße gewünscht bzw. ist von ihnen gar nicht mehr in dem Umfang leistbar, wie es bislang üblich war. Im Gegenteil: „Ich spürte schnell, wie sehr sich die Belegschaft in dieser Krisenzeit wieder auf mich als Geschäftsführer fokussiert“, schildert Richter. Entsprechend ergriff er Maßnahmen, um seinen Mitarbeiterinnen die Orientierung zu geben, die sie sich wünschen.Allein von Ende Februar bis Anfang Juni verschickte er über hundert Infomails, außerdem schaltete er sich auf Wunsch digital zu Teammeetings der einzelnen Jugendherbergen hinzu.

Interne Kommunikation

Für Katja Garbe, Hausleiterin der Jugendherberge Wangerooge, sind die Infomails sind in den vergangenen Monaten ein wichtiger Kommunikations-Bestandteil geworden, um gemeinsam mit ihren Mitarbeiter*innen gut gewappnet durch die Krise zu kommen. „Ganz am Anfang sind unfassbar viele Informationen geflossen“, erinnert sich Garbe. „Nicht nur innerhalb des Unternehmens, sondern überall. Ich empfand es als unheimlich schwierig, alles zu erfassen und zu filtern. Die Frage, wie viele Informationen mein Team braucht und wie viele vielleicht auch zu viele sind, beschäftigte mich sehr.“ 

Auch die Informationsweitergabe bereitete Katja Garbe zunächst Schwierigkeiten. Sie wohnte auch während der Schließung in der Jugendherberge, zusammen mit ein paar Teammitgliedern. Andere Mitarbeiter*innen waren hingegen auf dem Festland. „So entstanden automatisch unterschiedliche Kommunikationsdichten. Wenn man einigen Kolleg*innen täglich begegnet, andere hingegen vorwiegend per Mail erreicht, so muss man ziemlich gut aufpassen, dass wirklich alle mit den relevanten Informationen versorgt sind und niemand ohne böse Absicht vergessen wird. Dementsprechend hilfreich sind von der Geschäftsleitung systematisch aufbereitete und regelmäßig verschickte Mails. Ich kann mich zumindest in diesem Punkt mit dem guten Gefühl zurücklehnen, dass wir die detaillierten Infos bekommen, die wichtig für uns sind.“ 

“Die Kommunikation unter uns Hausleiter*innen ist in dieser Zeit deutlich persönlicher und näher geworden”

Katja Garbe

Was Katja Garbe in Coronazeiten ebenfalls mehr denn je zu schätzen wusste: die Chat-Gruppe mit anderen Hausleiter*innen über einen Messengerdienst. Ein Kommunikationskanal, den es noch gar nicht so lange gibt und der ein Ergebnis aus den Maßnahmen im Bereich Personalentwicklung ist, die vor gut zwei Jahren angestoßen wurden. „Die Kommunikation unter uns Hausleiter*innen ist in dieser Zeit deutlich persönlicher und näher geworden, die Messengerkommunikation gibt das sichtbar wieder“, beschreibt Garbe. Die kleine konkrete Veränderung hatte eine große Wirkung in der Krise. „Wir konnten uns auf diesem Wege natürlich sehr schnell über die Lage austauschen.“

Ein anderes neues Kommunikationsformat, das im vergangenen Jahr startete, hätte hingegen erst einmal hinten angestellt werden müssen, bedauert Katja Garbe. „Zusätzlich zu den Budgetgesprächen, die zwischen uns Hausleiter*innen und der Geschäftsführung zweimal im Jahr stattfinden, haben im vergangenen Jahr noch Zwiegespräche zwischen Hausleiter*innen und Geschäftsführer begonnen, in denen eben nicht über Zahlen und Fakten gesprochen wird, sondern beispielsweise darüber, wie es uns geht und welche Erwartung wir aneinander haben.“ Für die Hausleiterin eine wertvolle Neuerung: „Ich brauche solche gesetzte Termine, ich bin nicht der Typ, der solche Gespräche selbst sucht. Ich hoffe daher, dass dieses Format bald weitergeführt werden kann.“

Ξ Gesetzte Termine für Mitarbeiter*innen: Sophie erklärt, warum es die genau jetzt braucht.

Zurück zur Eigenverantwortung

Wie es in den kommenden Monaten weitergeht, das weiß niemand bei den Jugendherbergen im Nordwesten so genau – die Lage ist weiterhin existenzbedrohend. Doch den Kopf steckt niemand in den Sand. Katja Garbe und ihr Team widmen sich derzeit noch mit voller Energie ihren Sommerferiengästen, bevor es ab Mitte September in der Jugendherberge Wangerooge mangels Klassenfahrten wieder ruhiger wird. 

Birgit Hägemann sitzt währenddessen wie gewohnt an der Programmentwicklung für die nächsten Monate und Jahre.  Getragen wird sie dabei von einer motivierenden Erkenntnis: „Corona hat mir persönlich einmal mehr gezeigt, dass wir als Unternehmen einen guten Zusammenhalt haben. Es ist ein großer Gewinn zu erleben, wie resilient wir sind. Dass wir in unserer Unternehmenskultur Stärken verankert haben, die selbst einer so großen Krise standhalten.“ 

Und der Geschäftsführer? „Eine meiner Kernaufgaben in der nächsten Zeit wird sein, die Vernetzung nach außen zu verstärken, um zu verstehen, was mit unserem Markt und unserer Gesellschaft passiert“, so Geschäftsführer Richter. „Außerdem möchte ich den auf mich gerichteten Fokus baldmöglichst wieder auf unsere kooperative, eigenverantwortliche Arbeitsweise zurücklenken. 

Ξ Worauf fokussieren sich Mitarbeiter*innen in agile Unternehmen eigentlich während einer Krise? Vera hat sich in einem holakratischen Unternehmen umgehört

Meine grundsätzliche Überzeugung deckt sich mit den Erfahrungen der vergangenen Jahre: Top down-Entscheidungen scheinen zwar in der jetzigen Situation schneller voranzugehen, aber die Umsetzung kann sehr fragil und stockend sein.“ 

Natürlich koste es auch Zeit, Eigenverantwortung in eine Unternehmenskultur zu implementieren, gibt er zu. „Aber sind diese Prozesse erst einmal erprobt und erlernt, nehmen sie enorm an Geschwindigkeit und an Kraft zu. Genau dorthin möchte ich auch nach der Krise zurück.“


Zum Nachdenken und Nachmachen:

  • Wertvoller Invest: Die Jugendherbergen im Nordwesten hatten bereits vor der Krise ihre Unternehmenskultur und ihre Personalentwicklung deutlicher auf den Unternehmensslogan „Gemeinschaft erleben“ ausgerichtet. Im Corona-Chaos gaben das dadurch gefestigte, gemeinsame Wertesystem sowie erprobte Kommunikationsabläufe Sicherheit und Orientierung.
  • Professionelle Beziehungsgespräche: Um eine kontinuierliche Entwicklung sicherzustellen, werden Erwartungen mit Führungskräften auf zwei Ebenen rückgekoppelt: Auf der Fachebene (Budgetgespräche) und auf der Beziehungsebene (Zwiegespräche).
  • Frühzeitige Einbindung: In Planungen werden möglichst viele der MitarbeiterInnen einbezogen, die später an der Umsetzung beteiligt sein werden. Das sichert sowohl Perspektivenvielfalt als auch die Motivation, konstruktiv mitzutun.
  • Erzählen, was zählt: Vorgefilterte, von der Geschäftsführung aktiv und sehr zeitnah ins Team gegeben Informationen, ermöglichen in Krisen vernetztes Denken und eine Selbsteinschätzung der Situation.
  • Kollegialer Austausch: Die Kommunikation in Peergroups bietet Möglichkeiten, sich schnell Hilfestellung und/oder Feedback zu organisieren.  

Welchen Preis hat Karriere?

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Es gibt immer mehr Männer, die Headhuntern absagen oder zugunsten einer längeren Elternzeit einen Karriereknick riskieren – und damit auch auf viele Euros verzichten. Wenn Erfolg aber nicht mehr nur in Euros gemessen werden kann, worin denn dann? Auf diese Antwort wollten wir eine explizit männliche Antwort haben. Severin Maier hat uns seine gegeben.

Geld ist und bleibt in unserer Gesellschaft ein großes Thema, auch wenn viele versuchen, es zu keinem großen Thema werden zu lassen. Und seien wir ehrlich: Viele (vermeintliche) Aussteiger-Lifestyles sind alles andere als günstig, das Leben und Wohnen in vielen Gegenden Deutschlands sowieso nicht. Diese Tatsache prallt auf ein verändertes Verständnis unserer Arbeitswelt und -kultur sowie auf das Selbstbild vieler Menschen, wie sie sich beispielsweise als Eltern sehen. Man kann ziemlich sicher sagen, dass nicht wenige flexibler und sogar weniger arbeiten wollen, um mehr vom Leben zu haben, auch wenn Arbeit natürlich Spaß machen und erfüllend sein kann.

Ich selbst habe einen akademischen, jedoch keinen klassischen geraden Lebenslauf: Die Schule mit 18 und einem sehr guten Abitur beendet, Studium straight durchgezogen und dabei idealerweise zwei Auslandssemester und zig Praktika absolviert – all das findet man in meinem Lebenslauf eher nicht. Ich habe in der Schule Ehrenrunden gedreht, bin viel umgezogen. Mein Jurastudium habe ich aus freien Stücken beendet und bin meiner Passion gefolgt, indem ich Politikwissenschaften und Öffentliches Recht studiert habe. Mittels zweier Stipendien konnte ich dann meinen Master in Politics, Administration & International Relations an der privaten Zeppelin Universität Friedrichshafen abschließen. Nebenjobs gab es etliche, von Regale einräumen bis zu Drittmittelforschungsprojekten war alles dabei. Direkt aus der Uni habe ich bei meinem jetzigen Arbeitgeber angefangen und vertrete die Interessen von über 200 Unternehmen aus der Kommunalwirtschaft in Baden-Württemberg. Eine Arbeit, die mir wirklich große Freude bereitet.

Als ich begonnen habe zu arbeiten, hatte ich ehrlich gesagt kaum konkrete Vision von meinem beruflichen Werdegang. Ich hatte zwar grobe Vorstellungen, die man wohl gemeinhin durch Sozialisation mitbekommt, wohin die Reise gehen kann: Die Leiter rauf klettern, irgendwann einmal Führungskraft sein. Ob das zu mir als Typ unbedingt passt, da war ich schon immer skeptisch. Ich suche und brauche, zumindest thematisch, immer neue Herausforderungen.

Arbeit als Werkzeug, nicht als Sinn

Schlussendlich wurde durch die Geburt meiner Tochter deutlich, was ich ohnehin schon immer spürte und wusste: Ich definiere mich nicht alleine durch meine Arbeit, sondern sehe sie eher als „Werkzeug“, um meine Vorstellungen vom Leben realisieren zu können. Klar, ich will Spaß an meiner Arbeit haben, aber nicht nur für die Arbeit leben. Meine Arbeit soll zum Leben passen und nicht mein Leben zu meiner Arbeit.

Blickt man mit dieser Einstellung auf eine mögliche Karriere, wird es schon schwierig. Zumindest wenn wir an den, in meinen Augen überkommenen, gesellschaftlichen Vorstellungen einer Karriere festhalten: Immer weiter aufsteigen, möglichst viel Personalverantwortung, steigende Boni und Terminkalender, in denen Familie und Freizeit eben auch nur noch Slots sind. Genau das habe ich immer mit einer Karriere verbunden und bin der Meinung, dass es nicht zwingend so sein muss. Karriere kann und sollte auch das sein, aber durchaus flexibler gestaltet und mit mehr Sinnhaftigkeit: Was habe ich erreicht? Kam das Erreichte nur mir zugute oder auch anderen oder gar der Gesellschaft? Welchen Preis haben ich, meine Familie und Freund:innen für diese Karriere bezahlt? Heute verbinde ich mit Karriere, diese Fragen für mich zufriedenstellend beantworten zu können. Ich habe einen verantwortungsvollen Job, der sich mit meinem Privat- und Familienleben vereinbaren lässt, der mir und meinen Mitmenschen zugute kommt und der es ermöglicht, ein engagierter Ehemann und Vater zu sein.

Geld ist wichtig, Impact aber auch

Geld ist mir persönlich wichtig und es wird kaum jemand bestreiten, dass eine entsprechende Vergütung Teil eines Karriereverständnisses ist. Geld ist für mich von Bedeutung, weil es schlicht und ergreifend für viele meiner Wünsche nötig ist. Das kann sich aber demnach auch von Individuum zu Individuum unterscheiden. Es ist aber auch schlicht aus der Perspektive partnerschaftlicher und elterlicher Verantwortung nötig, denkt man bspw. an die private Altersvorsorge oder ein Startkapital für den eigenen Nachwuchs. Geld ist für mich letztlich wie Arbeit eine Art Werkzeug, um andere Ziele erreichen zu können. Schlussendlich ist es in unserer Arbeitswelt einfach auch eine Form der Anerkennung der eigenen Leistung – und leider in vielen Jobs noch ein Schlag ins Gesicht, wenn man z. B. an die Vergütung in Pflegeberufen denkt. Erfolg sollte nicht nur mit Blick auf eingenommenes Geld gemessen werden, sondern welche Ziele erreicht wurden und welchen Impact die Tätigkeit für unsere Gesellschaft hat.

Zwischen unserer heutigen Arbeitswelt und -kultur sowie den sich ändernden Anforderungen an, aber auch Selbstbildern von, Familie und Männern ergibt sich ein breites Spannungsfeld. Viele Männer müssen und wollen mehr Verantwortung für die Familie übernehmen, in der Folge also unter anderem weniger arbeiten. Zugleich wird das Leben in vielen Regionen Deutschlands immer teurer. Wer nach z. B. München, Heidelberg, Freiburg, Frankfurt oder Hamburg zieht, weiß wovon ich schreibe.

Männer wollen alte Strukturen aufbrechen

Ich beobachte, auch in meinem Freundeskreis, immer mehr Männer, die gerne alte Strukturen aufbrechen wollen, aber an diesen auflaufen: Du willst Elternzeit nehmen? Tja, dann bekommst du eben nicht die Beförderung. Du willst deine Arbeitszeit reduzieren? Geht zwar vom Arbeitgeber aus, aber mit dem Teilzeitjob der Partnerin (Frauen stecken immer noch viel zu oft in der Teilzeitfalle!) reicht dann das Geld nicht mehr, um den Kredit abzubezahlen. Du willst Eigentum erwerben? Dann müssen es schon zwei Vollzeitstellen sein, am besten jeder 110%. Was passiert mit den Kindern? Nun, entweder keine kriegen oder sich anhören, dass es doch ein Unding ist, sie früh oder überhaupt in die Fremdbetreuung zu geben. 

Ich vermute, dass es immer mehr Männer gibt, die nicht nach patriarchalen Rollenbildern leben wollen, aber an den strukturellen Bedingungen scheitern. Das betrifft damit indirekt auch deren Partnerinnen. Die finanzielle Verantwortung landet in der Folge unter anderem immer noch hauptsächlich bei Männern, weil Frauen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bzw. Karriere noch viel zu viele Steine in den Weg gelegt werden. Von mehr Gleichberechtigung und Unterstützung für Frauen würden auch Männer profitieren.


Severin Maier ist Familienvater und in einem Verband der Kommunalwirtschaft tätig. In seiner Funktion als Referent der Geschäftsführung vertritt er die Interessen von mehr als 200 Unternehmen und berät diese u.a. zu Fragen des Personalmanagements, der Arbeitgeberattraktivität, der Führung und New Work. LinkedIn

Geld: Gehalt ist nicht alles

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Inzwischen haben Arbeitgeber:innen bemerkt, dass ein gefüllter Obstkorb oder ein Kühlschrank voller Mate-Tee nicht mehr ausreichen, um gute Mitarbeiter:innen zu gewinnen und zu halten. Neben persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten und einem gutem Betriebsklima spielt natürlich auch das Gehalt eine entscheidende Rolle für die Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen.

Während Gehaltserhöhungen häufig verpuffen und sich nach Abzug von Sozialabgaben und Steuern auf dem Konto der Arbeitnehmer:innen kaum bemerkbar machen, können Arbeitnehmer:innen von steuerfreien Extras besonders profitieren. Welche Möglichkeiten es in diesem Bereich gibt, erklärt Steuerberaterin Ann-Katrin Wicht aus Hamburg. 

Mareike: Liebe Ann-Katrin, das Steuerrecht bietet Arbeitgeber:innen ja zahlreiche Möglichkeiten, steuerfreie Extras zu gewähren. In welchen Bereichen gibt es die und was kommt in deiner Beratungspraxis am häufigsten vor?

Ann-Katrin: Allgemein gibt es die Möglichkeit, einen sog. Sachbezug zu gewähren. Der ist bis zu einer Grenze von 44 € brutto pro Monat steuerfrei, ab 01.01.2022 wird die Grenze auf 50 € brutto erhöht. Das machen die meisten Arbeitgeber:innen. Dabei gibt es kaum Vorgaben, wofür der Sachbezug verwendet wird. In der Praxis werden häufig Tankgutscheine oder sonstige Einkaufsgutscheine gewährt.

Ein weiterer Klassiker ist der Zuschuss zu Kinderbetreuungskosten, der von:vom Arbeitgeber:in übernommen wird, ohne dass darauf Steuern oder Sozialabgaben gezahlt werden müssen. Das gilt übrigens unabhängig davon, ob es sich um einen Betriebskindergarten oder eine externe Einrichtung handelt.

Mareike: Zum Thema Kinder und berufstätige Eltern. Was ist eigentlich, wenn ich abends einen Job-Termin wahrnehmen muss und für die Betreuung der Kinder einen Babysitter engagieren muss?

Ann-Katrin: Hier dürfen Arbeitgeber:innen bis zu 600 € pro Jahr ohne Abzüge zusätzlich zum eigenen Gehalt zahlen, wenn es um die kurzfristige Betreuung von Kindern bis 14 Jahre oder auch pflegebedürftige Angehörige geht. Beispiel: kurzfristiges Engagement einer Pflegekraft oder eines Babysitters.

Mareike: Mit dieser Möglichkeit könnten Arbeitgeber:innen jedenfalls Eltern sehr entlasten. Von welchen steuerfreien Zuschüssen profitieren denn auch kinderlose Arbeitnehmer:innen?

Ann-Katrin: Im Bereich Gesundheit wäre z.B. eine betriebliche Gesundheitsförderung von bis zu 600 € pro Arbeitnehmer:in pro Jahr möglich. Gefördert werden können neben innerbetrieblichen Aktionen (z.B. Grippeschutzimpfung) auch Zuschüsse zu externen Maßnahmen wie Sport- oder Entspannungskursen. Die Förderung ist nicht für jeden beliebigen Kurs möglich, sondern es müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, häufig z.B. die Zertifizierung durch eine Krankenkasse. 

Mareike: Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist dabei zu berücksichtigen, dass diese Zuschüsse nicht direkt im Arbeitsvertrag geregelt werden dürfen. Es muss sich immer um eine freiwillige Leistung handeln, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Gehalt gewährt wird – z.B. anstelle einer Gehaltserhöhung. 

Sehr beliebt sind nach meiner Erfahrung auch Benefits im Bereich Mobilität.

Ann-Katrin: Ja, im Bereich Mobilität gibt es ebenfalls viele Möglichkeiten für Arbeitgeber:innen: neben der Bezuschussung von Jobtickets für den ÖPNV gibt es auch für Dienstwägen Fördermöglichkeiten. 

Besonders günstig ist die Überlassung von elektrobetriebenen Dienstwagen; diese unterliegen im Gegensatz zu Verbrennermotoren einer geringeren Privatversteuerung. Die Nutzungsmöglichkeit einer E-Ladesäule am Betriebsort ist übrigens komplett steuerfrei.

Mareike: Was ist mit Arbeitnehmer:innen, die gar kein Auto haben?

Ann-Katrin: Die gehen auch nicht leer aus. Die Überlassung eines Fahrrads ist vollständig steuerfrei möglich. Das gilt auch für E-Bikes (mit einer Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h).

Mareike: Von dieser Möglichkeit wird – so meine Erfahrung – immer häufiger Gebrauch gemacht. Aufpassen sollte man, wenn das Arbeitsverhältnis endet. Häufig möchten die Arbeitnehmer:innen die Räder dann weiter nutzen und auch der:die Arbeitgeber:in ist einverstanden. Würde man die „Schenkung“ der Räder z.B. in einem Aufhebungsvertrag vereinbaren, würde das dazu führen, dass darauf Steuern und Sozialabgaben zu zahlen wären.

Ann-Katrin: Die Schenkung eines Fahrrades an den:die Arbeitnehmer:in führt grundsätzlich zu steuerpflichtigem Arbeitslohn in Höhe des Neuwertes. Es gibt hier jedoch auch die Möglichkeit, als Arbeitgeber:in die Sachzuwendung mit einem Pauschalsteuersatz zu versteuern, sodass der:die Arbeitnehmer:in hierauf keine Steuern und Sozialabgaben zahlen müsste.

Mareike: Vor allem seit Corona spielt ja auch das HomeOffice eine große Rolle. Welche Möglichkeiten für steuerfreie oder steuerbegünstigte Zuschüsse gibt es denn in diesem Bereich?

Ann-Katrin: Die Überlassung von technischen Geräten (PC-Ausstattung) ist steuerfrei, sofern der:die Arbeitgeber:in weiterhin Eigentümer:in bleibt. Wird das Eigentum übertragen, kann dies Pauschal mit 25 % versteuert werden. 

Mareike: Bei der Formulierung der Überlassungsvereinbarungen oder Richtlinien in diesem Bereich, ist also besondere Sorgfalt geboten. Wird – wie in der Praxis häufig – die Ausstattung einfach gegen Empfangsquittung an den:die Arbeitnehmer:in ausgehändigt, liegt eine steuerfreie Überlassung vor.  

Ann-Katrin: Aus Arbeitnehmer:innensicht ist zu beachten, dass Aufwendungen für das eigene häusliche Arbeitszimmer bisher nur unter strengen Voraussetzungen und begrenzt auf 1.250 € jährlich abzugsfähig sind. Ausnahmsweise kann jedoch aufgrund von Corona in den Jahren 2020 und 2021 eine Home-Office-Pauschale von max. 600 € jährlich (120 Tage á 5 €) als Werbungskosten berücksichtigt werden (dies als kleiner Tipp für die Steuererklärung 2020 und 2021).

Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit der Vermietung des häuslichen Arbeitszimmers an den:die Arbeitgeber:in. Dann handelt es sich bei der von dem:der Arbeitgeber:in gezahlten Miete ggf. nicht um Arbeitslohn, sodass keine Sozialversicherungsabgaben anfallen und es sich um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung handelt.  

Mareike: Von diesem Modell liest man aktuell immer wieder, das scheint eine Art Trend zu sein. Aber Ist das auch eine praktikable Möglichkeit?

Ann-Katrin: Tatsächlich sind die Voraussetzungen für eine solche Gestaltung sehr hoch. Die Vermietung muss dafür im überwiegenden Interesse des:der Arbeitgebers:in liegen und im Betrieb ist z.B. gar kein geeigneter Arbeitsplatz vorhanden. Den Nachweis muss immer der:die Arbeitnehmer:in führen. Durch die Vermietung würde das Arbeitszimmer übrigens zu einer Gewerbeimmobilie, für die wiederum Besonderheiten bei der steuerlichen Behandlung gelten. Ohne entsprechende Planung und steuerliche Beratung im Vorfeld sollte man diese Gestaltung also nicht wählen.

Mareike: Vielen Dank, liebe Ann-Katrin.


Ann-Katrin Wicht

Ann-Katrin Wicht ist Steuerberaterin mit eigener Kanzlei in Hamburg. Sie hat sich auf die steuerliche Beratung von gehörlosen Menschen spezialisiert, da sie die Gebärdensprachkompetenz als Muttersprache besitzt.
Ihr ist es wichtig, einen sozialen Beitrag zur Gehörlosengemeinschaft zu leisten und sie ist zurzeit die einzige Steuerberaterin in ganz Deutschland mit diesem Angebot. Aufgrund ihrer vollständig digital aufgestellten Kanzlei berät sie deutschlandweit Mandant:innen in sämtlichen steuerlichen Fragen. Instagram | Webseite

Partizipative Gehaltsmodelle- Eine Inspiration

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von Sophie Genschow

Beim Thema Gehalt geht es um die Zahl, die letzten Endes auf dem Lohnnachweis steht. Hier denkt meist jede:r an sich und daran, einen optimalen Betrag am Ende des Monats zu erhalten. Doch es geht auch anders. Unternehmen, die ihre Gehaltsmodelle modern und partizipativ ausrichten möchten, erhalten hier eine Übersicht an Möglichkeiten zur Inspiration.

Im Artikel von Mareike und Ann-Katrin findet ihr darüber hinaus weitere konkrete Ideen, wie Vergütung außerhalb des Lohnzettels aussehen kann.

Jährliche Erfolgsausschüttung

Eine verbindliche Regelung dafür, dass ein gewisser Anteil des Gewinns an die Mitarbeitenden abgeführt wird, ist eine gute Möglichkeit, um Mitarbeitende direkt am Gewinn zu beteiligen. Auch eine kleine Summe schafft das Gefühl von Wertschätzung und Transparenz über den Gesamtgewinn, denn die Summe ändert sich jedes Jahr und steigt idealer Weise. Wer mag, kann diese Regelung auch erst ab einer bestimmten Unternehmenszugehörigkeit einführen oder sie entsprechend staffeln, um noch mehr Anreize zu schaffen.

Tipp: noch bis zum 31.03.2022 können Unternehmen den steuerfreien Coronabonus iHv insgesamt 1500 Euro nutzen, um den Einsatz ihrer Mitarbeitenden extra zu honorieren.

Transparente Entgeltstufen

Ähnlich wie bei einem Tarifvertrag können im Unternehmen Jobfamilien und somit Entgeltstufen eingeführt werden. Beispielsweise gibt es dann eine Spanne für Manager:innen mit Personalverantwortung innerhalb der verhandelt werden kann. Was auf den ersten Blick unflexibel wirkt, kann Vertrauen ins Unternehmen geben: denn inflationär hohe Gehälter, insbesondere bei Führungskräften, sind keine Seltenheit und sorgen oft für Unmut in der Belegschaft.

Internes Gehaltsgremium

Unternehmen mit Tarifvertrag und Betriebsrat kennen die Prozesse und Auseinandersetzungen durch die Erarbeitung von tariflichen Enndgeltgruppen gut. Partizipation kann aber auch von Unternehmen ohne Betriebsrat eingeführt werden. Etwa durch ein Gremium, bestehend aus einer Auswahl aus Mitarbeitenden, die etwa in Zusammenarbeit mit der Personalabteilung eine Gehaltsstruktur erarbeiten und ihre Einhaltung überwachen. Dies setzt Vertrauen, Verbindlichkeit und das Einverständnis der Mitarbeitenden voraus, da das Gremium Einblick in sensible Daten hat. Für die Einführung dieses Modells sollten sich Unternehmen juristische Unterstützung holen, um den Datenschutz sicherzustellen.  

Gleiches Grundgehalt für alle

Unternehmen können ein gleiches Grundgehalt für alle Mitarbeitenden oder bestimmte Jobgruppen einrichten. Es gibt die Möglichkeit der Aufstockung durch Weiterbildungen, zusätzliche Qualifikationen, Führungsverantwortung etc. Das gleichbleibende Grundgehalt sorgt für Transparenz und Akzeptanz, da wirklich nur mehr verdient, wer entsprechend hoch qualifiziert ist. Somit wird willkürlich verteilten Gehältern oder zu hohen Forderungen, die das Gleichgewicht in Gefahr bringen, entgegengewirkt.

Neue Ziele

Bonussysteme, vor allem bei Führungskräften, sind häufig auf die Durchführung von Projekten oder auf monetären Zielen basiert. Ein anderer Ansatz wäre es, die Unternehmensziele, generiert durch Mitarbeiterumfragen, miteinfließen zu lassen. Möchte ein Unternehmen beispielsweise die Weiterbildungsquote, ob durch das Besuchen von externen Schulungen oder auch Mentorenprogrammen, fördern, sollte die jeweilige Führungskraft dafür Verantwortung tragen, dass dies auch passiert. Ein Erfolg spiegelt sich dann sowohl in der höheren Qualifikation der Mitarbeitendenm, als auch dem Bonus der Führungskraft wider.

Bei allen Vergütungsmodellen gilt – es muss zu den Werten und zur Kultur des Unternehmens und seinen Mitarbeitenden passen. Gerade bei Modellen, die Transparenz anstreben, geht es auch in großem Maße um Akzeptanz. Hier nützt es nichts, einen progressiven Ansatz zu verfolgen, der nicht von der Geschäftsführung und den Mitarbeitenden gleichermaßen angenommen wird. Ein Dialog mit der Belegschaft und die Möglichkeit der Teilnahme ist ausschlaggebend für den Erfolg. Oft kann dies auch durch zunächst klein gesteckte Ziele oder Testläufe gelingen. 

Gehaltsverhandlungen – muss das sein?

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Auf der Basis ihrer persönlichen Erfahrungen haben sich Mariele und Sophie auf eine ergebnisoffene Diskussion eingelassen. Es ging nicht nur um das Thema Gehaltsverhandlung, sondern vielmehr darum, ob diese unbedingt notwendig sei. Mariele ist als Senior Beraterin für Digitalisierung in der Bildung und öffentlichen Verwaltung angestellt und froh darüber, dass ihr Unternehmen angelehnt an den TVöD zahlt. Sophie, HR Business Partnerin in einem Digitalunternehmen, betrachtet proaktive Gehaltsverhandlungen als Grundstein der finanziellen Vorsorge. Die Kernfrage des Gesprächs war – Wie selbstbestimmt arbeite ich, wenn ich mein Gehalt nicht aktiv verhandle?

Sophie: Musstest du schon mal aktiv dein Gehalt verhandeln?

Mariele: Ja, meine erste Gehaltsverhandlung habe ich im Rahmen meines zweiten Jobs durchführen müssen. Ich kam vorher aus einem Angestelltenverhältnis, bei dem ich nach Tarif bezahlt wurde. Das war dann auch die Basis auf der ich in das Gespräch gegangen bin. Ich muss dazu allerdings sagen, dass ich den Job zu Beginn in Teilzeit angefangen und bisher einen etwas anderen Schwerpunkt hatte.

Sophie: Hattest du aufgrund des anderen Schwerpunkts das Gefühl weniger qualifiziert zu sein und deswegen nicht das gleiche Gehalt oder sogar mehr als vorher erhalten zu dürfen?

Mariele: Ja, auf jeden Fall. Ich habe eine eher generalistische Ausbildung und habe mich immer schwer damit getan, meinen Schwerpunkt zu definieren. Diese fehlende Spezialisierung hat es mir schwer gemacht, zu sagen, was ich verdienen möchte. Ich würde behaupten, ich bin gut darin, mich schnell in neue Themen einzuarbeiten, aber das kann in einer Gehaltsverhandlung ja niemand bewerten. Daher fiel es mir schwer, die richtigen Argumente für mich und ein gewünschtes Gehalt zu haben.

Sophie: Das kann ich gut verstehen. Gerade am Anfang des Berufslebens kann es schwer fallen, für die eigenen Stärken zu argumentieren. Hast du in der Zwischenzeit eine Strategie für dich entwickelt?

Mariele: Wenn ich im Job bin, fällt es mir einfach, mich zu beweisen und auch meine Kompetenzen in den verschiedenen Bereichen einzubringen. Aber wenn ich mich jetzt in ein Verhandlungsgespräch begeben müsste, wüsste ich immer noch nicht, was ich eigentlich verlangen könnte. Deswegen war ich froh, dass mein jetziger Job sich wieder an einem Tarifvertrag orientiert und ich aufgrund meines Abschlusses und meiner Erfahrungen eingestuft werde. Trotzdem frage ich mich natürlich, wie so eine Strategie für Berufserfahrene ohne Erfahrungen in dem jeweils gesuchten Bereich aussehen könnte?

Sophie: Das kommt natürlich immer drauf an. Zunächst kann davon ausgegangen werden, dass die Person schon Kompetenzen in dem Bereich aufgebaut hat, nur eben noch keine Erfahrungen. Das sind zwei Dinge, die oft gleichgestellt werden, was meines Erachtens nach aber nicht fair ist.

Mariele: Ja genau. Es ist unfair und gleichzeitig bei den immer diverseren Anforderungen natürlich auch eine Herausforderung.

Sophie: Eben. Viele Stellen sind so einzigartig, etwa weil sie in einer besonderen Branche angesiedelt oder eben nicht traditionell sind, sodass die Wenigsten die Möglichkeit hatten, in dem Bereich Erfahrungen zu sammeln. Das heißt aber nicht, dass Bewerber:innen hier bei null anfangen. Vielmehr bringen sie ihre Kompetenzen in der neuen Position ein und sammeln gleichzeitig wertvolle Erfahrungen, die es für die Rolle braucht.

In Deutschland ist es nicht üblich über Geld zu sprechen, aber ich finde wir sollten das viel öfter tun.

Sophie

Zur Strategie: es geht grundsätzlich darum den eigenen Marktwert zu bestimmen. Hier kann der Austausch mit Kolleg:innen, aber auch Freunden und Bekannten sehr hilfreich sein. In Deutschland ist es nicht üblich über Geld zu sprechen, aber ich finde wir sollten das viel öfter tun. Wenn Unternehmen ihre Gehälter schon nicht von sich aus darlegen, können wir uns selbst darüber austauschen und somit wenigstens ein bisschen Transparenz schaffen. Manche Arbeitsverträge beinhalten immer noch eine Klausel, die regeln soll, dass Mitarbeitende sich untereinander nicht über ihr Gehalt austauschen dürfen. Das ist mittlerweile sogar arbeitsrechtlich als unzulässig erklärt worden.

Mariele: Aber wenn ich als Quereinsteiger:in einem Job anfange und zu Beginn aufgrund der fehlenden Qualifikation ein geringeres Gehalt als Kolleg:innen bekomme, welche Möglichkeiten habe ich dann nach einiger Zeit, neu zu verhandeln?

Sophie: Das ist immer erstmal eine unangenehme Situation. Wenn du für dich feststellst, dass der Gehaltsunterschied nicht gerechtfertigt ist, etwa weil ihr ungefähr zeitgleich im Unternehmen angefangen und ähnliche Verantwortungsgebiete habt, kannst du dir das neue Wissen für deine Entwicklung im Unternehmen zu eigen machen. Es ist quasi deine Datengrundlage. Abraten würde ich in der Argumentation von Sätzen wie “xyz verdient mehr als ich, deswegen möchte ich das auch.” Besinne dich besser auf deine eigenen Stärken und Kompetenzen und sage, dass du beim Start etwas niedrig eingestiegen bist und jetzt, nachdem du deine Aufgaben und Verantwortungen besser einschätzen kannst und auch bewiesen hast, dein Gehalt anpassen möchtest. Es ist kein Manko, wenn du deine Gehaltsvorstellungen zunächst schlecht einschätzen konntest. Das kannst du auch so sagen. Ein Unternehmen sollte daran interessiert, die Mitarbeitenden fair zu vergüten und dazu gehört auch, nachzujustieren.

Mariele: Gerade weil ich bisher keine Strategie hatte, bin ich froh darüber einen Job zu haben, der mich tariflich nach meinem Abschluss und meinen Erfahrungen als Projektleitung einstuft. Die Einordnung ist dabei unabhängig von meinem inhaltlichen Abschluss. Gleichzeitig ist es im Kollegium so, dass jede:r weiß, was die anderen verdienen, wenn es einen interessiert. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es für mich fairer und transparenter geregelt ist. Geld spielt weniger eine Rolle, da ich mir keine Gedanken darüber machen muss, ob und wie ich mehr verlangen kann, wenn ich das Gefühl habe, mehr wert zu sein.

Sophie: Das kann ich verstehen. Vor allem, dass innerhalb des Kollegiums transparent ist, wer was verdient, ist für Jobs in der freien Wirtschaft sehr unüblich. Ich finde auch, dass es ein großer Vorteil ist und die Unternehmen mehr in Richtung  gerechtere Verteilung der Gehälter pushen würde. Das ist übrigens auch die Begründung, die das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern zu seinem Urteil gegeben hat, warum es nicht unzulässig für Arbeitnehmende sein darf, über ihr Gehalt zu sprechen. Diese Gespräche seien nämlich die einzige Möglichkeit überhaupt festzustellen, ob Gleichberechtigung bei den Löhnen stattfindet. Das Urteil ist von 2009. In der Zwischenzeit ist durch das Entgelttransparenzgesetz, das 2018 in Kraft getreten ist, eine zuverlässige Art der Datenerhebung für Mitarbeitende geschaffen worden. Diese kann aber nur unter bestimmten Voraussetzungen in Anspruch genommen werden. Hier gibt es noch viel zu viele Hürden.

Mariele: Die Transparenz führt ja wiederum auch dazu, dass Arbeitnehmende besser einschätzen können, welcher Gehaltsrahmen eigentlich möglich ist. 

Sophie: Was mich übrigens an Tarifverträgen oft überrascht, ist, dass diese in Bezug auf weiche Faktoren recht unflexibel sind. Ich habe in Situationen beraten, wo es Mitarbeitenden nicht gelungen ist, einen Tag Home Office in der Woche als Ausgleich für den geringeren Lohn zu verhandeln. Das finde ich vollkommen unflexibel und auch realitätsfern. Tarifvertrag bedeutet somit nämlich, dass das Unternehmen die Bedingungen vorgibt.Transparenz und Gleichbehandlung hin oder her, das ist einfach längst nicht mehr zeitgemäß.

Mariele: Das ist bei uns tatsächlich anders. Wir sind recht flexibel, was die Ausgestaltung unseres Arbeitsalltages angeht. Die letzten Monate haben mir gezeigt, dass ich genau diese weichen Faktoren wie Home Office und Arbeitszeitgestaltung als wesentliche Verhandlungspunkte für mich sehe. Ich kann noch so viel Gehalt bekommen, aber wenn ich nicht in der Lage bin, meinen Bedürfnissen gerecht zu werden, dann werde ich auf lange Sicht nicht zufrieden sein. Also, wahrscheinlich sind es gerade diese Faktoren, die in tarifgebundenen Verträgen verhandelbar sein sollten.

Sophie: Es ging ja ursprünglich unter anderem um die Herausforderung, den eigenen Marktwert zu bestimmen. Diese wird Bewerbenden natürlich durch den Tarifvertrag abgenommen, weil sie eingestuft werden und wenig bis keinen Verhandlungsspielraum haben. Ich finde nicht, dass das eine gleichberechtigte Situation zwischen Unternehmen und Kandidat:innen ist, weil das Unternehmen die Rahmenbedingungen vorgibt. Wie empfindest du das denn?

Während ein Tarifvertrag automatisch die Gehaltsverhandlung beendet, hätte ich in offenen Gehaltsverhandlungen eher das Gefühl, dass es eine Art Glücksspiel ist.

Mariele

Mariele: Für mich als Person, die ihren Marktwert schwer einschätzen kann und in Verhandlungen unsicher ist, ist die Abnahme dieser Entscheidung von Vorteil. Es schafft natürlich Ungleichgewicht. Um auf Augenhöhe sprechenzu können, braucht es zumindestens die Möglichkeit, seine Bedürfnisse zu thematisieren. Auch abseits vom reinen finanziellen Wert.

Während ein Tarifvertrag automatisch die Gehaltsverhandlung beendet, hätte ich in offenen Gehaltsverhandlungen eher das Gefühl, dass es eine Art Glücksspiel ist. Woher weiß ich, was mir das Unternehmen anbieten würde, wenn ich nicht selber eine Zahl nennen müsste. Ich hätte dann das Gefühl über den Tisch gezogen zu werden, weil ich meinen Wert nicht richtig einschätzen kann. Und das Unternehmen denkt sich dann: “Die ist aber günstig. Dann bieten wir ihr erst gar nicht das an, was sie eigentlich hätte bekommen können.” Dann würde ich natürlich lieber den Tarifvertrag nehmen, der mir ausreichend Transparenz bietet.

Sophie: Ja, das Gefühl über den Tisch gezogen zu werden oder aber eine zu hohe Summe zu nennen und dann keine Chance mehr zu haben, kennen sicher einige. Hier hilft Erfahrung und Übung. Wie gesagt, ein regelmäßiger Austausch mit Freunden und Kolleg:innen über Gehälter oder auch das ein oder andere Bewerbungsgespräch. Wenn du das nächste mal auf LinkedIn oder Xing angesprochen wirst, willige doch einfach mal ein und stimme einem ersten Telefonat zu. Hier erfährst du, worauf Unternehmen Wert legen, kannst deine eigenen Fähigkeiten gut ins Verhältnis setzen und deine Gehaltsvorstellungen nennen, ohne Angst zu haben, etwas zu verlieren. Es ist immer gut mit Gehaltsspannen zu arbeiten. Du kannst auch fragen, ob diese Spanne mit den Vorstellungen des Unternehmens übereinstimmt.

Was übrigens bei Gehaltsverhandlungen gar nicht geht, ist das Argument, dass Kolleg:innen mehr verdienen würden als man selbst. Gehalt sollte immer auf individuellen Fähigkeiten und Anforderungen an die Rolle basieren. Deswegen sehe ich es auch kritisch, wenn sich unerfahrene Kandidat:innen unter Wert verkaufen und zu einem niedrigen Lohn eingestellt werden. Das führt früher oder später immer zu Verstimmungen und eine gute Führungskraft sollte hier auch ehrlich sein und eine wirklich faire Vergütung anstreben. Ansonsten nutzt sie die Schwächen des:r Kandidat:in aus. Das ist meines Erachtens nach kein guter Start für eine Zusammenarbeit.

Mariele: Das stimmt. Es sollte verschiedene Faktoren geben, an denen Gehalt festgemacht werden kann. Ich sage dir ganz ehrlich, ich bin froh, dass ich mir darüber keine Gedanken machen muss. Ich mag die Transparenz und die Sicherheit, dass ich nicht verhandeln muss, auch wenn das bedeutet, dass ich vielleicht weniger verdiene, als in anderen Unternehmen vielleicht möglich wäre.

Erste Gehaltsverhandlungen

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Gerade zum Berufseinstieg ist das Thema Geld nicht sonderlich greifbar. Nie stand man in Berührung mit Gehaltsverhandlungen, fragt sich, wo der Unterschied zwischen Jahresbruttogehalt Arbeitnehmer:in und Jahresbruttogehalt Arbeitgeber:in ist, weiß nicht um die eigenen Ausgaben und hat schon recht nicht den Mut, Forderungen an potentielle zukünftige Arbeitgeber:innen zu stellen.

Wie bereite ich mich auf Gehaltsverhandlungen vor und wie verhandle ich?

Dabei liegt der Thematik Einstiegsgehalt so viel Verantwortung zugrunde. Auf der einen Seite natürlich Eigenverantwortung, auf der anderen jedoch auch eine gesellschaftliche. Aus einer Studie des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) geht hervor, dass sich Studentinnen schon vor dem Jobeinstieg 22 Prozent weniger Lohn als ihre männlichen Kommilitonen ausrechnen. Damit beginnt die reale Lohnlücke bereits in den Köpfen der Berufseinsteiger:innen und manifestiert sich später durch unterschiedliche Verhandlungsstrategien bei Gehaltsgesprächen direkt zum Berufseinstieg. Wir haben es also bereits beim Berufseinstieg in der Hand, dem Gender Pay Gap vorzubeugen.  

Also: Let’s talk about money!

Wie kann ich mich auf Gehaltsverhandlungen vorbereiten?

Um sich richtig auf seine ersten Gehaltsverhandlungen vorzubereiten, braucht es einen Überblick über mögliche Gehaltsklassen und eigene Ausgaben. Um zu erfahren, wie ich mir diesen verschaffe, habe ich mit jemandem gesprochen, der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation studierte und im Medienbereich arbeitet. 2012 erhielt er, während er seine Bachelorarbeit schrieb, sein erstes Jobangebot. Er beantwortete mir Fragen zu seinem Jobeinstieg, seiner Vorbereitung auf Verhandlungen, seinen ersten Gehaltsverhandlungen und seinen Learnings. Was seine Vorbereitung auf Gehaltsverhandlungen besonders macht: Er beschaffte sich nicht nur Informationen von außen, zum möglichen regulären Einstiegsgehalt in der Branche durch Gehaltsrecherchen und das Befragen von Freunden und Bekannten, sondern nahm seine eigenen Ausgaben und Bedürfnisse als weiteren Anhaltspunkt. Er erstellte für seine Gehaltsvorstellungen Tabellen, die mögliches Gehalt und persönliche Ausgaben gegenüberstellen und kategorisierte danach für sich, was welcher Gehaltsvorschlag für ihn bedeuten würde.

Nachdem sich mein Interviewpartner anhand der Tabellen einen Überblick über eigene Ausgaben in Zusammenhang mit möglichen Gehaltshöhen verschafft hatte, kam der wichtigste Teil. Er unterteilte die Spalten des Gehaltsbandes in farbige Abschnitte:

–        Rot: Mache ich auf keinen Fall. Ihr könnt mich mal!

–        Orange: Geht eigentlich auch gar nicht!

–        Gelb: Kann man machen.

–        Hellgrün: Das ist interessant!

–        Grün: Genau hier will ich hin!

–        Dunkelgrün: Absolut unrealistisch.

So konnte er in späteren Gehaltsverhandlungen exakt für sich kategorisieren und einordnen, was das ihm angebotene Gehalt für ihn und seine finanzielle Situation bedeutet.

Wie verhandle ich?

Eine Tabelle über persönliche Bedarfe aufzustellen, hilft einem selbst zur Einschätzung von Gehaltsvorschlägen in Gehaltsverhandlungen, ist jedoch kein angebrachtes Argument in Verhandlungen, sondern nur für einen selbst. Wichtig ist meinem Interviewpartner zu betonen, dass der eigene Bedarf in Gehaltsverhandlungen keine Rolle zu spielen hat:

„Ich habe nicht mit dem argumentiert, was ich benötige, aber wohl mit dem Wert aus der Tabelle den ich wollte. Argumentiert niemals Gehaltsforderungen mit persönlichen Bedarfen! Keinen Arbeitgeber interessiert, was ihr zum Leben braucht. Ihr stellt damit im Zweifel sogar Euren Lebensstil zur Diskussion. Es ist immer ein simpler Tausch: Leistung gegen Geld. Was wollt Ihr? Was könnt Ihr anbieten? Geht auf Rückfragen des Arbeitgebers, was Ihr zum Leben braucht, nicht ein.“

Doch trotz der guten Vorbereitung lief die erste Gehaltsverhandlung alles andere als ideal für ihn ab.

„Ich wurde von meinem Gegenüber, dem Chef der Firma so dermaßen zerlegt und habe mich von den gängigen Blendgranaten beeindrucken lassen: kleine Firma, die anderen Einsteiger haben dasselbe verdient, wenn es gut läuft, bekomme ich später mehr, zu wenig praktische Erfahrung, Gehaltsgefüge muss eingehalten werden.“

Das erste Gehaltsangebot lag im orangenen „Geht-eigentlich-gar-nicht-Bereich“. Weil Jobs wie der, für den er sich bewarb, nicht einfach auf der Straße liegen, nahm er diesen trotzdem an. Ein Jahr später bei einer erneuten Gehaltsverhandlung bei derselben Firma hatte er dann Erfolg -und zwar deutlichen- eine starke Gehaltssteigerung und zwei Monate Überstundenausgleich.

Was lief anders?

„Ich habe nicht mehr argumentiert, sondern ich habe gefordert. Das war aber auch nur möglich, weil mein Chef – wie auch ich selbst – meinen Wert für die Firma kannten. Da er mir zu der Zeit argumentativ haushoch überlegen war, habe ich ihm kein Futter gegeben, um Argumente zu entkräften. Es war nur noch ein halbwegs professionell Verpacktes „Ich will”. Vom Mindset her war ich absolut bereit zu kündigen, wäre ich wieder abgeblitzt. Das habe ich jedoch nicht kommuniziert, außer vielleicht durch eine entspannte Grundhandlung.“

Im Laufe der Jahre hat mein Interviewpartner einiges an Erfahrung in Gehaltsverhandlungen gewonnen.

Hier kommen seine Verhandlungstipps gerade für Berufseinsteiger:innen:

  • Das Gehalt der ersten Festanstellung ist nebensächlich! Als Berufseinsteiger:in muss man erst praktische Erfahrung sammeln, um wirklich ‘verhandeln’ zu können. Konzentriert Euch mehr auf die Position, die Tätigkeit und die Firma selbst. Lehnt nicht einen Job ab, der klasse auf dem Lebenslauf aussieht, aber nicht ausreichend bezahlt wird. Macht einen guten Job und verhandelt neu beim ersten Arbeitgeber (schwer) oder wechselt die Firma mit ordentlichem neuem Gehalt (leichter). Der spätere Arbeitgeber kennt Euer erstes Gehalt nicht, nur Euren Lebenslauf.
  • Seid entschlossen und pokert nicht. Stichwort Mindset. Setzt Euch klare Grenzen! Ihr wollt nicht später zurückrudern und Euch unglaubwürdig machen.
  • Seid hart in der Sache, aber weich in der Form. Also entschlossen in dem Gesamtbetrag, aber flexibel in der Form, wie sich dieser zusammensetzt. Zum Beispiel lassen sich Jobticket, Jobrat, Anzahl der Urlaubstage, variable Gehaltsanteile wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Diensthandy mit privater Nutzung etc. zusammenrechnen.
  • Gehälter werden immer als Arbeitnehmer-Jahresbrutto kommuniziert. Fangt bloß nicht mit Monatsgehältern, Stundenlöhnen oder gar Netto-Werten an.
  • Verkauft Euch nicht unter Wert. Das gilt ganz besonders für die Frauen unter Euch. Wenn Ihr eine Ahnung habt, welches Gehalt für eine Rolle üblich ist, packt noch 20% für Eure Forderung oben drauf (Nein, das ist kein Pokern, Ihr seid schließlich entschlossen, das zu bekommen;).  Ihr platziert Euch damit lediglich am oberen Ende der Bandbreite und nicht im Mittelfeld. Ich kenne niemanden, der wegen dieser 20% mehr jemals ausgesiebt wurde. Die Chance auf ein gutes Gehalt ist um ein Vielfaches größer als das Risiko, wegen einer vermeintlich überzogenen Forderung nicht eingeladen oder ohne Verhandlung abgelehnt zu werden.
  • Achtet auf die Formulierung der Forderung: „Ich erwarte mindestens ein Fixgehalt in Höhe von XX brutto pro Jahr” ist mein Standardsatz geworden. Keine Gehaltsspannen nennen, sonst hört Euer Gegenüber nur die niedrigere Zahl.
  • Firmenwechsel erlauben Euch größere Gehaltssprünge als Positionswechsel innerhalb einer Firma. Übliche Gehaltserhöhungen in einer Firma sind ganz grob 5-10%. In Konzernen eher 3-5%, maximal 20% intern. Beim Firmenwechsel geht einiges mehr und Ihr könnt auch mal 35-40% rausholen. Aber nicht übertreiben mit den Wechseln, sonst sieht der Lebenslauf nicht mehr gut aus. Ich halte Wechsel der Position alle 2-5 Jahre für erstrebenswert. Am Anfang auch kürzer. Unter 1,  Jahren wird genauer geschaut.

Unternehmenspende: So machen es erlich textil und FEINSCHREIBER

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Im Artikel “Unternehmensspende: Ein Gewinn für beide Seiten” habe ich zusammengefasst, wie Wohltätigkeit in der Unternehmenskultur und -kommunikation verankert werden kann. Natürlich wollte ich auch einen Blick in die Praxis werfen und habe daher mal bei erlich textil und der Kommunikationagentur FEINSCHREIBER nachgefragt, wie sie es mit den Spenden handhaben, warum sie überhaupt einen Teil ihres Gewinns abgeben und welchen Effekt das auf die Unternehmenskultur hat.

Die termingebundene Spende: erlich textil

Geschäftsfeld: Onlinehandel für nachhaltige Textilien

Anzahl Mitarbeitende: 37

Wohltätiges Engagement: ehrlich textil unterstützt einmal jährlich den Verein FEMNET e.V. 10 Prozent des am Black Weekend eingenommenen Umsatzes fließen an den Verein. 

Corporate Social Responsability – was versteht ihr bei erlich textil darunter?

Der CSR-Bereich bei erlich textil ist als zentrale Schnittstelle im Unternehmen verankert. Die Stelle hat sowohl eine beratende als auch eine projektleitende Funktion im Unternehmen und bildet eine Brücke zu allen Abteilungen (Einkauf, Produktmanagement, Marketing, Personal). Auf diese Weise fließen soziale und ökologische Aspekte in alle Unternehmensprozesse und -entscheidungen ein.

Auf eurer Website lese ich, dass ihr im letzten Jahr FEMNET e.V. 38.974,11 EUR bereitstellt. Wie ist dieser Betrag zustande gekommen?

Wir arbeiten nun schon seit 2018 zum Black Weekend mit FEMNET e.V. zusammen und spenden daher jährlich eine höhere Summe an den Verein. Von den 20% Rabatt die wir anlässlich des Black Weekends auf unsere Artikel geben, werden 10% an FEMNET e.V. gespendet. So kommt dieser Betrag für 2020 zustande.

Es gibt viele Organisationen, die sich für die Rechte und die Sicherheit von Frauen stark machen. Wahrscheinlich war es gar nicht so einfach, eine davon als Spendenempfängerin auszuwählen. Nach welcher Methode habt ihr eure Entscheidung getroffen?

Wir kooperieren auch mit anderen Organisationen und Vereinen zu verschiedenen Anlässen, wie beispielsweise mit dem Verein für Fraueninteressen zum Equal Pay Day. Zum Black Weekend haben wir uns dazu entschlossen, dass wir Frauen in der globalen Bekleidungsindustrie unterstützen möchten. Wieso? Allein in Bangladesch arbeiten etwa 4 Millionen Menschen in diesem Wirtschaftszweig und davon sind ca. 80% Frauen, welche häufig mit Ausbeutung und Diskriminierung konfrontiert werden. Zwar produzieren wir selbst in Europa, um Transportwege möglichst kurz zu halten, aber wir möchten einen weiteren Teil beitragen zu einer menschenwürdigen Modeindustrie – weltweit. FEMNET e.V. macht sich schon seit 2007 für Frauenrechte in der Textilbranche stark. Der thematische Fokus und die langjährige Erfahrung haben uns angesprochen. Nach ausführlicher interner Prüfung und persönlichem Gespräch mit unseren FEMNET Partnerinnen, haben wir dann auch gemerkt, dass wir auf einer Werte-Wellenlänge sind. Das hat uns überzeugt! 

Was wissen die Mitarbeitenden von erlich textil über die Kooperation mit FEMNET e.V.? Wie haltet ihr sie darüber auf dem Laufenden?

Da es eine jährliche Zusammenarbeit mit Femnet e.V. ist, wissen alle Mitarbeitenden über die Kooperation und die Tätigkeiten des Vereins bescheid. Unsere CSR Managerin steht in regelmäßigem Kontakt zum Verein und berichtet an das Team, wenn sich beispielsweise eine konkrete Verwendung für die Spendensumme gefunden hat oder aber auch wenn es Probleme dabei gibt, was in diesem Jahr z.B. aufgrund von Corona der Fall war. 

Was würdet ihr anderen Unternehmen raten, die auch mit dem Gedanken spielen, zu spenden? Was sollten sie unbedingt beachten? 

Auf jeden Fall ist es zu empfehlen einen Spendenplan inkl. Budget, Anlässe und Feld (Ökologie, Sozial, etc.) aufzustellen, sich eingehend mit den Prinzipien der möglichen Spendenempfänger:innen auseinanderzusetzen und auch zu evaluieren wie und welchen Einfluss die Spende in dem speziellen Feld haben könnte. Anhand dessen und natürlich persönlichen Gesprächen mit potentiellen Spendenempfänger:innen lässt sich einfacher ableiten welche Organisationen, Projekte und/oder Vereine seriös sind, zu dem eigenen Unternehmen (und Prinzipien) passen und für welche man spenden könnte. 

Die Antworten gaben Elisa Lange (PR) und Benedetta Pompetzki (CSR) 

Die monatliche und die geldwerte Spende: FEINSCHREIBER

Geschäftsfeld: Agentur für Text & Kommunikation

Anzahl Mitarbeitende: 4-5

Wohltätiges Engagement: FEINSCHREIBER® unterstützt den Verein UBOMI, der sich für Kinder in den Townships im südafrikanischen Kapstadt stark macht, mit einer monatlichen Geldspende und projektbezogener Unterstützung bei der Erstellung von Blogbeiträgen sowie Pressemitteilungen. 

Bremen und Kapstadt, Texte und Township – auf den ersten Blick ist kein Zusammenhang zwischen euch als Kommunikationsagentur und dem von Euch begünstigten Projekt UBOMI erkennbar. Warum unterstützt ihr genau dieses Hilfsprojekt?

Jeder von uns engagiert sich privat immer mal wieder oder regelmäßig für soziale Zwecke – deswegen war für uns schon bei der Gründung klar, dass wir auch mit FEINSCHREIBER® Gutes bewegen wollen, wenn wir uns das finanziell erlauben könne. Auf UBOMI sind wir durch eine unserer Auftraggeberinnen gestoßen: die Jugendherbergen im Nordwesten. Dort arbeitet Biggi Hägemann als Programmentwicklerin für die Häuser zwischen Nordsee und Sauerland. Als wir erfahren haben, dass sie sich in ihrer Freizeit für Kinder in den Townships von Kapstadt einsetzt, hat uns das ziemlich berührt – und die Art und Weise, wie sie das mit vollem Herzen tut, auch ziemlich begeistert. Weil wir durch die Erfahrung mit Biggi wissen, dass das Geld auch wirklich vor Ort ankommt, war für uns klar: Da wollen wir gerne dabei sein. Und weil wir gemerkt haben, dass wir auch anderen gerne von Biggi und ihrem Team in Südafrika erzählen, fällt es uns auch leicht, bei Bedarf die Kommunikation von UBOMI durch Artikel, Pressemitteilungen und unsere Kontakte in die Redaktionen zu unterstützen. 

Ihr stellt das Projekt auf eurer Website ausführlich da – und macht euer Engagement damit auch sehr prominent sichtbar. Gibt es darauf direkte Reaktionen? Konnte das Projekt UBOMI dadurch vielleicht weitere Spenden erhalten bzw. ihr euch von Wettbewerbern abheben?

Die Idee zu der Projektseite auf unserer Website kam uns in der Vorweihnachtszeit 2019. Wir haben überlegt, wie eine sinnhafte Weihnachtskarte aussehen könnte – und da UBOMI kurz vor dem Bau des vierten Hauses im Township stand, wollten wir lieber den Verein als uns in den Mittelpunkt der Grußkarten stellen. Da war aber relativ wenig Platz für all das Gute, das UBOMI bereits geprägt hat. Deswegen haben wir uns entschieden, über die Website mehr zu dem Projekt zu erzählen, und die Seite anschließend einfach stehen gelassen.

Natürlich wollen wir damit in erster Linie auf den Verein aufmerksam machen – und hoffen, dass er bei dem einen oder anderen hängen bleibt. Wie viele tatsächlich schon wegen uns etwas gespendet haben, wissen wir leider nicht. Aber oft sind es ja genau diese zufälligen Begegnungen: Man sucht nach einem Thema oder einer Dienstleistung, sieht nebenbei etwas – und irgendwie lebt das in einem weiter, bis irgendwann der Tag kommt, an dem daraus eine kleinere oder größere Idee entsteht, die Biggi, ihrem Team und den Kindern in Südafrika vielleicht weiterhilft. Immerhin ist die Zahl der UBOMI-Kinder mittlerweile schon auf 150 angestiegen – plus all die Menschen, die jetzt während Corona die temporäre Suppenküche des Vereins aufsuchen.

Abschließend noch ein Randaspekt: Dass wir das Thema größer auf unserer Website spielen, hat vielleicht auch eine Art Filterfunktion. Potenzielle Auftraggeber:innen, die sich mit diesen Werten nicht identifizieren können, fragen uns dann wahrscheinlich gar nicht erst an. Und das ist gut so, weil wir mit unseren Kund:innen gerne immer auch eine persönliche Ebene teilen.

Als Konsument oder Kunde fällt es oft schwer zu entscheiden, ob ein Unternehmen aus Überzeugung oder doch eher für Werbezwecke die Wohltätigkeit für sich entdeckt. Wie können Unternehmen ihren Spendenaktivitäten Glaubwürdigkeit verschaffen?

Tatsächlich finde ich es schön zu sehen, dass mittlerweile ein Großteil der Unternehmen das Thema Wohltätigkeit für sich entdeckt haben. Ob das aus Image-Gründen oder Überzeugung geschieht, ist für mich dabei erst einmal zweitrangig – denn es kommt ja etwas für den guten Zweck zusammen, und es kann etwas durch das Geld verbessert werden. Es gibt sicherlich auch einen Domino-Effekt: Je mehr Unternehmen sich engagieren, umso eher bekommen andere das Gefühl, auch etwas tun zu wollen – oder vielleicht auch zu „müssen“. 

Ich denke, um herauszufinden, wie ehrlich es einem Unternehmen mit seinem Einsatz für den guten Zweck ist, lässt sich ganz gut herausfinden: Indem man darüber spricht. Wer – wie wir bei UBOMI – wirklich begeistert von einer Sache ist, nimmt sich dann auch Zeit, ins Detail zu gehen, für das Projekt zu werben. Das merkt man einfach. Aber auch wir kämpfen hin und wieder damit, wie wir mit dem Thema umgehen sollen. Wir erzählen bei fast jeder Gelegenheit etwas zu UBOMI, aber es soll ja nicht so klingen, als würden wir uns selber damit beweihräuchern, da einen kleinen Beitrag zu leisten – sondern wir wollen nur die Chancen nutzen, dass sich daraus etwas für Biggi und ihr Team ergibt.

Ihr unterstützt UBOMI nicht nur finanziell, oder?

Wir sind natürlich nur ein kleines Team und müssen immer schauen, was möglich ist. Andere Unternehmen, vor allem auch das Deutsche Jugendherbergswerk, leisten da viel viel mehr, als wir das können. Aber wenn Biggi sich bei uns meldet, versuchen wir auch mit dem zu unterstützen, was wir können – und das ist eben vor allem Text und Öffentlichkeitsarbeit. Also mal eine Pressemitteilung, mal ein Aussand an Redaktionen, mal ein Blogbeitrag. Je nachdem, wie der Bedarf ist und was unser Zeitplan hergibt. Es könnte aber auch noch mehr sein, denn eigentlich hat Biggi immer etwas zu berichten. Und wir schreiben gerne Gutes.

Die Antworten gab Tobias Meyer (mit Vanessa Salbert und Marcel Waalkes Geschäftsführer von FEINSCHREIBER®)

#5 Geld

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Bei aller Liebe zur Arbeit geht es immer auch um eins: Geld. Unternehmen müssen Geld verdienen, um ihre Tätigkeit aufrechterhalten zu können. Arbeitnehmer:innen müssen Geld verdienen, um ihr Leben bestreiten zu können. Der Satz “Über Geld spricht man nicht” ist daher kein guter: Wer neue Arbeit will, muss über Geld sprechen. Wir fangen in dieser Ausgabe damit an.

Wir schreiben über Gehaltsverhandlungen beim Jobeinstieg und mögliche Benefits, die über das Gehalt hinausgehen. Wir beschäftigen uns damit, wie Unternehmen mit verdientem Geld Gutes tun können und warum sie das in Erwägung ziehen sollten. Welchen Preis zahlt man für eine Karriere, wenn man auch Kinder hat? Mit welchen Gehaltsmodellen kann ich meine Mitarbeiter:innen am Erfolg beteiligen? Auch das sind Fragen, auf die wir mögliche Antworten skizzieren.

Alle Artikel der Ausgabe #5

  • Erste Gehaltsverhandlungen
    Gerade zum Berufseinstieg ist das Thema Geld nicht sonderlich greifbar. Aber wie bereite ich mich auf Gehaltsverhandlungen vor und wie verhandle ich eigentlich?
  • Gehaltsverhandlungen – muss das sein?
    Mariele und Sophie tauschen sich über die Frage aus, wie selbstbestimmt arbeite ich, wenn ich mein Gehalt nicht aktiv verhandle?
  • Geld: Gehalt ist nicht alles
    Inzwischen haben Arbeitgeber:innen bemerkt, dass ein gefüllter Obstkorb oder ein Kühlschrank voller Mate-Tee nicht mehr ausreichen, um gute Mitarbeiter:innen zu gewinnen. Welche Angebote neben Gehaltserhöhungen machen stattdessen Sinn?
  • Partizipative Gehaltsmodelle- Eine Inspiration
    Unternehmen, die ihre Gehaltsmodelle modern und partizipativ ausrichten möchten, erhalten hier eine Übersicht an Möglichkeiten zur Inspiration.
  • Unternehmenspende: So machen es erlich textil und FEINSCHREIBER
    Die Unternehmen ehrlich TEXTIL und Feinschreiber spenden aus Überzeugung. Wie sie es genau machen und kommunizieren, haben sie uns erzählt.
  • Unternehmensspenden: Ein Gewinn für beide Seiten
    Unternehmensspenden können positiv auf das Betriebsklima wirken – wenn die interne Kommunikation rundherum gut gestaltet wird. Denn dann kann es auch ein Mehrwert für beide Seiten bieten.
  • Welchen Preis hat Karriere?
    Wenn Erfolg aber nicht mehr nur in Euros gemessen werden kann, worin denn dann? Auf diese Antwort wollten wir eine explizit männliche Antwort haben. Severin Maier hat uns seine gegeben.

Unternehmensspenden: Ein Gewinn für beide Seiten

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Glaubwürdig wohltätig zu sein ist für Unternehmen manchmal gar nicht so einfach. Die Entscheidung, ob Spenden fließen sollen – und wenn ja, wohin – macht dabei nur einen Teil der Herausforderung aus. Ebenso müssen sich Entscheider:innen die Frage stellen, wie die Kommunikation darüber nach außen und innen gestaltet werden soll.

Gewinnmaximierung – darum geht es den meisten Unternehmen. Die Frage, die sich dabei aber sofort aufdrängt: Wem oder was dient sie eigentlich? Wer hat am Ende etwas davon? Landet das zusätzliche Geld in den Lohntüten der Beschäftigten oder bei wenigen Stakeholdern? Werden die Gewinne genutzt, um Spielraum für neue Geschäftsideen einräumen zu können oder wird die Geschäftsführung mit teureren Dienstwagen ausgestattet? Für Arbeitnehmer:innen ist die Antwort, was mit dem Umsatz, den sie durch ihre oft hart erbrachte Leistung ermöglichen, passiert, eine wichtige. 

Umsatz für den guten Zweck

Neben den oben skizzierten Varianten, eingenommenes Geld zu verteilen, gibt es eine andere, die nicht das jeweilige Unternehmen in den Fokus stellt, sondern den Blick wohltätig nach außen richtet: Spenden. Es gibt immer mehr Unternehmen, die nicht nur an Weihnachten anderen etwas von ihrem Geld abgeben, sondern regelmäßig bzw. durch eigens geschaffene Anlässe Projekte begünstigen, die etwas fürs Gemeinwohl tun. So viele, das manchmal schwer zu erkennen ist, welche von ihnen damit das Marketing stärken wollen und welche tatsächlich ihre tief verankerten Unternehmenswerte zum Ausdruck bringen. 

Steuerrechtlich sind Spenden als „freiwillige und unentgeltliche Geld- oder Sachzuwendungen ohne Gegenleistung“ definiert, damit eine Zuwendungsbestätigung ausgestellt werden kann. Die Verknüpfung einer klassischen Spende mit dem Verkauf von Waren oder Dienstleistungen ist hingegen nicht so einfach möglich: Wer einen Müsliriegel verkauft und ihn mit dem Slogan „pro Verkauf spenden wir 10 Cent an das Projekt XY“ bewirbt,  muss zunächst eine vertragliche Vereinbarung mit dem Spendenempfänger schließen. Bei solch einer Idee sollte also unbedingt ein: entsprechende:r Rechtsexpertin bzw. Rechtexperte aufgesucht werden.

Wohltätigkeit in der Unternehmenskommunikation 

Wie stark Unternehmen Spenden nach außen sichtbar machen, ist ganz unterschiedlich. Manche kommunizieren es unübersehbar auf ihren Produkten, andere geben eher versteckt auf ihrer Website einen Hinweis darauf – und verpassen damit vielleicht die Chance, von Konsument:innen, die bei einer Kaufentscheidung auf die soziale Verantwortung einer Organisation achten, wahrgenommen zu werden. Andererseits beugen sie dem Vorwurf vor, nicht aus echter Überzeugung, sondern aus Marketinggründen zu spenden. 

Intern sollten Unternehmen jedoch auf diese Zurückhaltung verzichten und von Beginn an transparent und regelmäßig über die finanzielle Unterstützung externer Projekte berichten. Im besten Fall werden die Mitarbeitenden bereits bei der Auswahl möglicher Projekte beteiligt. In jedem Fall aber lohnt es sich, nicht einfach nur regelmäßig einen Überweisungsträger auszufüllen und einen Teil des Umsatzes weiterzugeben, sondern Anlässe zu schaffen, die einen Kontakt zwischen den Beschäftigten und der begünstigten Organisation erstellen. Stichwort „Mitarbeiter:innen-Engagement“.

Wohltätigkeit in der Unternehmenskultur

Dieser Kontakt kann mittelbar sein ( z.B. Berichte in internen Medien, die zeigen, was die Zuwendungen konkret bewirken) oder auch unmittelbar (beispielsweise können Auszubildende bei der begünstigten Institution hospitieren oder Vertreter:innen  bei der Planung eines Teamtages oder einer Firmenfeier einbezogen werden). Eine bewährte Maßnahme sind außerdem gemeinsame Aktionen, die zum Projekt passen und gleichzeitig noch das Teamgefühl stärken. Der Klassiker: Spendenläufe, bei denen der Arbeitgeber am Ende die Kilometer in Euros umrechnet. Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden für solche Aktionen sogar freistellen oder Überstundenspenden als bewährte Methode in der Buchhaltung anbieten, beweisen, dass es ihnen tatsächlich um mehr geht als sich mit einer regelmäßigen Spende ein gutes Gewissen zu erkaufen. 

Manche Institutionen, die ihre Arbeit allein über Spenden finanzieren, bieten sogar strategische Partnerschaften an. Dabei werden langfristige Unternehmensspenden mit einer mehrjährigen gemeinsamen Programmentwicklung verbunden. Grundsätzlich gilt: Je lebendiger und persönlicher die Beziehung zwischen Unternehmen und Spendenempfänger gestaltet wird, desto stärker ist der Einfluss, den sie auf die Unternehmenskultur und das Verständnis jedes einzelnen Mitarbeitenden, was seine bzw. ihre Arbeit Gutes bewirkt, nimmt. 

Tipps auf einen Blick:

Bei der Wahl des Spendenempfängers gibt es zwei Möglichkeiten, die besonders authentisch sind: Entweder wählt ihr ein Projekt aus, das inhaltlich zu Euch passt. (Ihr seid in der Mobilitätsbranche unterwegs? Unterstützt World Bicycle Relief oder ein vergleichbares Projekt. Ihr stellt Spielzeug für Kinder her? Dazu würde ein Projekt wie das SOS Kinderdorf oder UNICEF passen. Ihr vertreibt Filteranlagen für Wasser? Unterstützt Ingenieure ohne Grenzen beim Bau von Brunnen in Afrika.) Oder ihr schaut, welche persönliche Verbindung zwischen Eurem Unternehmen und einem Projekt bestehen – wie im obigen Beispiel von Feinschreiber. Wenn ihr diese Geschichte erzählt, könnt ihr glaubwürdig darstellen, dass euer Engagement ernst gemeint ist.

Haltet eure Mitarbeitenden nicht nur auf dem Laufenden, sondern bezieht sie ein. Rund um das Spendenprojekt können Anlässe geschaffen werden, gemeinsam aktiv zu werden.

Wenn Ihr intern oder extern über eure Wohltätigkeit berichten möchtet, fragt beim begünstigten Projekt nach entsprechenden Bild- und Textmaterial. Viele Institutionen haben so etwas für Spender:innen vorbereitet.

Natürlich wollte ich auch einen Blick in die Praxis werfen und habe daher mal bei ehrlich textil und der Kommunikationagentur FEINSCHREIBER nachgefragt, wie sie es mit den Spenden handhaben, warum sie überhaupt einen Teil ihres Gewinns abgeben und welchen Effekt das auf die Unternehmenskultur hat. Die Antworten findet ihr hier: Unternehmenspende: So machen es erlich textil und FEINSCHREIBER

Wenn Kinder nah dran sind: Vorteile einer Betriebskita

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Betriebliche Kinderbetreuung steht sinnbildlich für eine familienorientierte Unternehmensstruktur. Welche Formen und Konzepte von Betriebskitas gibt es aber überhaupt? Und welche Vorteile ergeben sich? Ich habe ein paar Antworten mitgebracht. Außerdem einen Einblick in die Erfahrungen der ConVista Consulting AG. Sie bietet seit 2015 Kinderbetreuung an.

Kinderbetreuung ist ein zentraler Faktor für die Produktivität, das geben 82 Prozent der Unternehmen in der Studie „Neue Chancen für Vereinbarkeit“ von Prognos (September 2020) an. Die ökonomische Relevanz von Kinderbetreuung zeigt sich weiterhin darin, dass 79 Prozent der befragten Unternehmen der Meinung sind, dass betriebliches Familienbewusstsein nach der Corona-Krise für die Bindung und Gewinnung von Fachkräften einen hohen Stellenwert hat. Die Krise wirkt quasi als Beschleuniger für das betriebliche Familienbewusstsein: Laut der Studie führte jedes zweite Unternehmen als Reaktion auf die Krise familienbewusste Maßnahmen ein oder weitete das vorhandene Maßnahmenangebot aus.

Fachkräfte gewinnen durch familienorientierte Unternehmenskultur

Arbeits- und Betreuungszeiten zu vereinbaren ist für die meisten Eltern aktuell eine riesen Herausforderung. Dabei ist den Arbeitnehmer:innen Flexibilität bei den Arbeitszeiten heute wichtiger als eine Gehaltserhöhung. Familienfreundlichkeit wird somit ein immer wichtigerer Faktor für Unternehmen, wenn sie einen Unterschied zum Wettbewerber machen und Fachkräfte für sich gewinnen wollen. Das Wort Distanz passt da erstmal nicht in den Kontext. Aber wie wäre es, genau diese für die Mitarbeiter:innen zu verringern und zwar wenn es um ihre Kinder geht? Stichwort Betriebskitas! 

Betriebliche Kinderbetreuung ist ein wichtiger Baustein einer familienorientierten Unternehmenskultur und steigert die Zufriedenheit und Motivation der Beschäftigten enorm. Gelebte Familienfreundlichkeit gibt dem Unternehmen eine Identität, das die Bewerber:innen heute viel mehr interessiert als die harten Unternehmenszahlen (vgl. hierzu die April-Ausgabe unseres Newsletters, der übrigens hier abonniert werden kann: Newsletter)

Betriebliche Kinderbetreuung: Eine Win-Win-Situation

Neben der besseren Vereinbarkeit liegen die Vorteile von firmeneigener Kinderbetreuung für die Eltern auf der Hand: Sie werden bei der Platzvergabe bevorzugt behandelt und wissen ihr Kind zu jeder Zeit in der Nähe. Sie müssen keine großen Distanzen oder Umwege zur Kita auf sich nehmen oder befürchten, wegen des Feierabend-Verkehrs die Abholzeit zu verpassen. Der Wiedereinstieg in den Beruf gelingt leichter und die Chancengleichheit von Müttern und Vätern steigt.

Die Unternehmen wiederum profitieren von weniger Fehlzeiten und geringerer Fluktuation der Beschäftigten. Sie können bei den täglichen Betreuungszeiten und jährlichen Schließtagen der Kita mitbestimmen. Es besteht weiterhin die Möglichkeit, Kinder auch unterjährig einzugewöhnen und damit sich und den Eltern noch mehr Flexibilität zu ermöglichen.

Betriebliche Kinderbetreuung: Was es neben Betriebskitas noch gibt

Die Einrichtung einer eigenen Betriebskita ist die aufwändigste Form für Unternehmen, quasi ein „Betrieb im Betrieb“ und erfordert umfangreiches Fachwissen. Es gibt aber noch andere Möglichkeiten der betrieblichen Kinderbetreuung, je nachdem wieviel Kapazitäten und finanzielle Mittel das Unternehmen aufwenden kann und möchte (angelehnt an diese Quelle):

Betriebskindergarten

Ein eigener Betriebskindergarten ist sozusagen der Königsweg und ermöglicht ein Maximum an Flexibilität sowie eine zielgerichtete Ausgestaltung angepasst an die Strukturen und Vorgaben des Unternehmens. 

Verbundkindertagesstätte

Um von den Vorteilen einer Betriebskindertagesstätte zu profitieren, aber Investitionen und Betriebskosten zu teilen, können Unternehmen Kooperationen mit anderen Firmen aus der Nachbarschaft eingehen und gemeinsam eine Verbundkindertagesstätte aufbauen.

Mini-Kita / Mini-Krippe / Großtagespflege

Wenn der Bedarf nach Kinderbetreuungsplätzen besteht, eine eigene Betriebskita allerdings zu umfangreich ausgelegt wäre, ist insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen die Mini-Kita für bis zu 10 Kinder eine geeignete Alternative. Sie ist durch die kleine Gruppengröße sehr persönlich und familiär und überaus flexibel gestaltbar.

Belegplätze

Um sowohl den Bedürfnissen der Mütter und Väter als auch den unternehmerischen Interessen nachzukommen, können Firmen ein festes Kontingent an Betreuungsplätzen in örtlichen, bereits bestehenden Kinderbetreuungseinrichtungen erwerben. Damit entlasten sie Eltern, in Zeiten in denen Kitaplätze Mangelware sind, deutlich.

Ferienbetreuung

Schulferien und Kita-Schließzeiten sind sowohl für Eltern als auch Arbeitgeber:innen immer wieder eine organisatorische Herausforderung. Um diese Lücke zwischen Familienzeit und Beruf verlässlich zu füllen, gibt es Dienstleister, die betriebliche Ferienprogramme entwickeln und durchführen.

Notfallbetreuung / Flying Nannies 

Wenn die regelmäßige Kinderbetreuung wegen Krankheit der Erzieher:innen oder aus anderen Gründen ausfällt, können Unternehmer:innen kurzfristig und zeitlich flexibel pädagogische Fachkräfte buchen und damit eine Notfallbetreuung vor Ort sicherstellen. Damit bieten sie Müttern und Vätern eine verlässliche Alternative. Denkbar übrigens auch für geplante Firmenveranstaltungen bei denen Eltern anwesend sind, die für diese Zeit dann eine Kinderbetreuung benötigen.

Betriebskita: Ein Blick in die Praxis

Die ConVista Consulting AG bietet ihren Mitarbeiter:innen an ihrem Hauptstandort in Köln bereits seit 2015 Möglichkeiten zur Kinderbetreuung. Die Distanz zwischen den Büroräumen der IT-Beratung und der Kinderbetreuung: 500 Meter. Bei den „ConVista Zwergen“ können bis zu neun Kinder bis drei Jahre untergebracht werden. Einige Plätze sind schon an Kinder von Mitarbeiter:innen vergeben, die übrigen Plätze belegen Kinder aus der Nachbarschaft.

Die Planung hat die ConVista Consulting AG nicht alleine umgesetzt, sie hatte Unterstützung von der sira GmbH. Die sira GmbH aus München entwickelt für und mit Arbeitgeber:innen Betreuungskonzepte für Kleinkinder. Deutschlandweit gibt es mehrere private Dienstleister, die sich hierauf spezialisiert haben und sind eine gute erste Anlaufstelle für Unternehmen um sich beraten zu lassen. Diese Anbieter betreuen auch nach der Eröffnung den laufenden Betrieb und haben zudem gute Kenntnisse über die verschiedenen finanziellen Förderungsmöglichkeiten, die allerdings je nach Bundesland variieren. Auch die Servicestelle das Förderprogramms „Betriebliche Kinderbetreuung“ der Initiative „Erfolgsfaktor Familie“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend berät noch bis Ende 2022 Unternehmen um das passende Betreuungsmodell für ihre Beschäftigten zu entwickeln.

„Die ConVista Zwerge sind für mich als Mitarbeiterin und Mutter ein echter Benefit unseres Unternehmens.“ 

Kathrin Sonnborn

Was hat die ConVista Consulting AG dazu bewegt, eine Großtagespflege zu eröffnen? Kathrin Sonnborn, Human Resources bei ConVista, antwortet darauf: „Wir haben die ConVista Zwerge gegründet, um Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen und den Wiedereinstieg ins Berufsleben zu erleichtern.” In einer Arbeitswelt, die sich ständig verändert, so Kathrin weiter, möchte das Unternehmen ihren Mitarbeiter:innen möglichst viel Rückhalt und Flexibilität bieten. Neben einer familiären Atmosphäre und einer standortnahen Betreuung gäbe es bei den ConVista Zwergen ein unkompliziertes Anmeldeverfahren und wenig Schließtage im Jahr. “Im Recruiting-Prozess bekommen wir immer wieder positives Feedback zu unserem Angebot der Kinderbetreuung. Dies unterstreicht nochmals die Flexibilität, die wir unseren Mitarbeiter:innen bieten, was uns von anderen Unternehmen abhebt.“

Die ConVista Consulting AG ist so überzeugt von dem Konzept als Zeichen für gelebte Familienfreundlichkeit in Unternehmen, dass sie gerne – je nach Bedarf – zusammen mit der sira GmbH noch weitere Standorte in Deutschland aufbauen würde.

#4 Distanz

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In allen zwischenmenschlichen Beziehungen geht es um das Zusammenspiel von Distanz und Nähe. Auch im Job. Wer sich eine humane Arbeitswelt wünscht, die Menschen nicht länger als Ressourcen betrachtet, muss dieses Zusammenspiel bewusst gestalten – gerade jetzt, wo das Arbeiten außerhalb des Büros zunimmt. Diese Ausgabe hilft dabei.

Wir widmen uns dem Spannungsfeld zwischen Distanz und Nähe in vielfältiger Form: räumlich, emotional, sprachlich, organisatorisch. Wie anstrengend ist es, für einen Job in ein anderes Land zu gehen, wie herausfordernd, sich auch in der Elternzeit noch nah dran an den Kolleg:innen zu fühlen? Braucht Führen auf Distanz vielleicht mehr Kontrolle als uns lieb ist – und wann ist eigentlich der perfekte Zeitpunkt, im Berufskontext vom “Sie” aufs “Du” umzusteigen? Das sind einige der Fragen, die wir aufgreifen.

Alle Artikel der Ausgabe #4

  • Duzen im Job: Zwei Buchstaben, mehr Nähe?
    Inmitten der Diskurse um flache Hierarchien und mehr Vertrauen in der Arbeitswelt wirkt das distanzierte „Sie“ zunehmend als unzeitgemäß. Ist ein flächendeckendes “Du” aber tatsächlich notwendig, um den Wandel zu mehr Vertrauen und Nähe in Teams zu unterstützen? Sandra meint: Nein.
  • Fachkräfte aus dem Ausland beim Jobwechsel unterstützen
    Ein Jobwechsel über Landesgrenzen bedeutet sowohl für Firmen als auch die jeweiligen Angestellten einen deutlich höheren Aufwand. Wie Arbeitgeber:innen Fachkräfte aus dem Ausland beim Jobwechsel sinnvoll unterstützen können und was ein Relocation Service leistet, zeigt dieser Praxiseinblick.
  • Führen auf Distanz als Chance für echte Nähe
    Das Führen auf räumliche Distanz birgt eine große Chance für die Beziehung zwischen Führungskräften und ihren Mitarbeitenden, sagt Marie Meininger vom DB Konzern. Sie berichtet, wie die Deutsche Bahn diese Chance nutzt.
  • Hybrid arbeiten: Unternehmen Vitra schafft Struktur
    Hybrides Arbeiten löst alte Ordnungen auf. Wie neue Strukturen entworfen und eingeführt werden können, macht die Firma Vitra vor.
  • Jobwechsel in Zeiten von Corona: Wie wechselwillig sind Mitarbeitende aktuell?
    Corona beweist: Auch in einer allgemein unsicheren Situation sind qualifizierte Mitarbeitende offen für einen Jobwechsel. Unternehmen sollten daher auch in der Pandemie der Frage nachgehen, wie sie Mitarbeitende in Schlüsselpositionen am besten halten können. Aktuelle Erkenntnisse und konkrete Vorschläge.
  • Mitarbeiterumfragen sind keine Zufriedenheitsumfragen
    Mitarbeiterumfragen geben einen Einblick, wie Mitarbeitende das Unternehmen einschätzen und wie engagiert sie sind. Ihren Ursprung hat die Mitarbeiterumfrage in der sogenannten Engagement Survey, die umgangssprachlich oft “Zufriedenheitsumfrage” genannt wird. Warum dies nicht nur missverständlich, sondern sogar problematisch ist, erklärt Sophie.
  • So bleiben Mitarbeitende in der Elternzeit nah dran
    Mitarbeitende in Elternzeit haben unwillkürlich Distanz zu ihrem Unternehmen. Arbeitgeber:innen und Führungskräfte können aber durch gezielte Maßnahmen dazu beitragen, dass der (emotionale) Abstand nicht zu groß wird.
  • Wenn Kinder nah dran sind: Vorteile einer Betriebskita
    Arbeits- und Betreuungszeiten zu vereinbaren ist für die meisten Eltern aktuell eine riesen Herausforderung. Eine Betriebskita kann dabei helfen. Welche Vorteile sie sowohl Mitarbeitenden als auch Unternehmen bietet, zeigt dieses Praxisbeispiel.
  • Wieviel Kontrolle braucht Führen auf Distanz?
    Kann Führen auf Distanz ganz ohne Kontrolle funktionieren? Businesscoach Doris Ipsen meint: Kontrolle an der richtigen Stelle ist ein Zeichen von Wertschätzung und sollte in der Arbeitswelt wieder ein positiveres Standing haben.
  • Wir müssen reden!
    Die von Corona deutlich verstärkte räumliche Distanz wirkt auf unseren beruflichen Kontext und stellt eine alte Herausforderung an Führungskräfte in einen neuen Fokus: Nähe herstellen durch Kommunikation. Gedankenanstöße für Führungskräfte.