Arbeitsrecht, Gastbeiträge #5, Magazinausgabe #5
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Geld: Gehalt ist nicht alles

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Inzwischen haben Arbeitgeber:innen bemerkt, dass ein gefüllter Obstkorb oder ein Kühlschrank voller Mate-Tee nicht mehr ausreichen, um gute Mitarbeiter:innen zu gewinnen und zu halten. Neben persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten und einem gutem Betriebsklima spielt natürlich auch das Gehalt eine entscheidende Rolle für die Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen.

Während Gehaltserhöhungen häufig verpuffen und sich nach Abzug von Sozialabgaben und Steuern auf dem Konto der Arbeitnehmer:innen kaum bemerkbar machen, können Arbeitnehmer:innen von steuerfreien Extras besonders profitieren. Welche Möglichkeiten es in diesem Bereich gibt, erklärt Steuerberaterin Ann-Katrin Wicht aus Hamburg. 

Mareike: Liebe Ann-Katrin, das Steuerrecht bietet Arbeitgeber:innen ja zahlreiche Möglichkeiten, steuerfreie Extras zu gewähren. In welchen Bereichen gibt es die und was kommt in deiner Beratungspraxis am häufigsten vor?

Ann-Katrin: Allgemein gibt es die Möglichkeit, einen sog. Sachbezug zu gewähren. Der ist bis zu einer Grenze von 44 € brutto pro Monat steuerfrei, ab 01.01.2022 wird die Grenze auf 50 € brutto erhöht. Das machen die meisten Arbeitgeber:innen. Dabei gibt es kaum Vorgaben, wofür der Sachbezug verwendet wird. In der Praxis werden häufig Tankgutscheine oder sonstige Einkaufsgutscheine gewährt.

Ein weiterer Klassiker ist der Zuschuss zu Kinderbetreuungskosten, der von:vom Arbeitgeber:in übernommen wird, ohne dass darauf Steuern oder Sozialabgaben gezahlt werden müssen. Das gilt übrigens unabhängig davon, ob es sich um einen Betriebskindergarten oder eine externe Einrichtung handelt.

Mareike: Zum Thema Kinder und berufstätige Eltern. Was ist eigentlich, wenn ich abends einen Job-Termin wahrnehmen muss und für die Betreuung der Kinder einen Babysitter engagieren muss?

Ann-Katrin: Hier dürfen Arbeitgeber:innen bis zu 600 € pro Jahr ohne Abzüge zusätzlich zum eigenen Gehalt zahlen, wenn es um die kurzfristige Betreuung von Kindern bis 14 Jahre oder auch pflegebedürftige Angehörige geht. Beispiel: kurzfristiges Engagement einer Pflegekraft oder eines Babysitters.

Mareike: Mit dieser Möglichkeit könnten Arbeitgeber:innen jedenfalls Eltern sehr entlasten. Von welchen steuerfreien Zuschüssen profitieren denn auch kinderlose Arbeitnehmer:innen?

Ann-Katrin: Im Bereich Gesundheit wäre z.B. eine betriebliche Gesundheitsförderung von bis zu 600 € pro Arbeitnehmer:in pro Jahr möglich. Gefördert werden können neben innerbetrieblichen Aktionen (z.B. Grippeschutzimpfung) auch Zuschüsse zu externen Maßnahmen wie Sport- oder Entspannungskursen. Die Förderung ist nicht für jeden beliebigen Kurs möglich, sondern es müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, häufig z.B. die Zertifizierung durch eine Krankenkasse. 

Mareike: Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist dabei zu berücksichtigen, dass diese Zuschüsse nicht direkt im Arbeitsvertrag geregelt werden dürfen. Es muss sich immer um eine freiwillige Leistung handeln, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Gehalt gewährt wird – z.B. anstelle einer Gehaltserhöhung. 

Sehr beliebt sind nach meiner Erfahrung auch Benefits im Bereich Mobilität.

Ann-Katrin: Ja, im Bereich Mobilität gibt es ebenfalls viele Möglichkeiten für Arbeitgeber:innen: neben der Bezuschussung von Jobtickets für den ÖPNV gibt es auch für Dienstwägen Fördermöglichkeiten. 

Besonders günstig ist die Überlassung von elektrobetriebenen Dienstwagen; diese unterliegen im Gegensatz zu Verbrennermotoren einer geringeren Privatversteuerung. Die Nutzungsmöglichkeit einer E-Ladesäule am Betriebsort ist übrigens komplett steuerfrei.

Mareike: Was ist mit Arbeitnehmer:innen, die gar kein Auto haben?

Ann-Katrin: Die gehen auch nicht leer aus. Die Überlassung eines Fahrrads ist vollständig steuerfrei möglich. Das gilt auch für E-Bikes (mit einer Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h).

Mareike: Von dieser Möglichkeit wird – so meine Erfahrung – immer häufiger Gebrauch gemacht. Aufpassen sollte man, wenn das Arbeitsverhältnis endet. Häufig möchten die Arbeitnehmer:innen die Räder dann weiter nutzen und auch der:die Arbeitgeber:in ist einverstanden. Würde man die „Schenkung“ der Räder z.B. in einem Aufhebungsvertrag vereinbaren, würde das dazu führen, dass darauf Steuern und Sozialabgaben zu zahlen wären.

Ann-Katrin: Die Schenkung eines Fahrrades an den:die Arbeitnehmer:in führt grundsätzlich zu steuerpflichtigem Arbeitslohn in Höhe des Neuwertes. Es gibt hier jedoch auch die Möglichkeit, als Arbeitgeber:in die Sachzuwendung mit einem Pauschalsteuersatz zu versteuern, sodass der:die Arbeitnehmer:in hierauf keine Steuern und Sozialabgaben zahlen müsste.

Mareike: Vor allem seit Corona spielt ja auch das HomeOffice eine große Rolle. Welche Möglichkeiten für steuerfreie oder steuerbegünstigte Zuschüsse gibt es denn in diesem Bereich?

Ann-Katrin: Die Überlassung von technischen Geräten (PC-Ausstattung) ist steuerfrei, sofern der:die Arbeitgeber:in weiterhin Eigentümer:in bleibt. Wird das Eigentum übertragen, kann dies Pauschal mit 25 % versteuert werden. 

Mareike: Bei der Formulierung der Überlassungsvereinbarungen oder Richtlinien in diesem Bereich, ist also besondere Sorgfalt geboten. Wird – wie in der Praxis häufig – die Ausstattung einfach gegen Empfangsquittung an den:die Arbeitnehmer:in ausgehändigt, liegt eine steuerfreie Überlassung vor.  

Ann-Katrin: Aus Arbeitnehmer:innensicht ist zu beachten, dass Aufwendungen für das eigene häusliche Arbeitszimmer bisher nur unter strengen Voraussetzungen und begrenzt auf 1.250 € jährlich abzugsfähig sind. Ausnahmsweise kann jedoch aufgrund von Corona in den Jahren 2020 und 2021 eine Home-Office-Pauschale von max. 600 € jährlich (120 Tage á 5 €) als Werbungskosten berücksichtigt werden (dies als kleiner Tipp für die Steuererklärung 2020 und 2021).

Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit der Vermietung des häuslichen Arbeitszimmers an den:die Arbeitgeber:in. Dann handelt es sich bei der von dem:der Arbeitgeber:in gezahlten Miete ggf. nicht um Arbeitslohn, sodass keine Sozialversicherungsabgaben anfallen und es sich um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung handelt.  

Mareike: Von diesem Modell liest man aktuell immer wieder, das scheint eine Art Trend zu sein. Aber Ist das auch eine praktikable Möglichkeit?

Ann-Katrin: Tatsächlich sind die Voraussetzungen für eine solche Gestaltung sehr hoch. Die Vermietung muss dafür im überwiegenden Interesse des:der Arbeitgebers:in liegen und im Betrieb ist z.B. gar kein geeigneter Arbeitsplatz vorhanden. Den Nachweis muss immer der:die Arbeitnehmer:in führen. Durch die Vermietung würde das Arbeitszimmer übrigens zu einer Gewerbeimmobilie, für die wiederum Besonderheiten bei der steuerlichen Behandlung gelten. Ohne entsprechende Planung und steuerliche Beratung im Vorfeld sollte man diese Gestaltung also nicht wählen.

Mareike: Vielen Dank, liebe Ann-Katrin.


Ann-Katrin Wicht

Ann-Katrin Wicht ist Steuerberaterin mit eigener Kanzlei in Hamburg. Sie hat sich auf die steuerliche Beratung von gehörlosen Menschen spezialisiert, da sie die Gebärdensprachkompetenz als Muttersprache besitzt.
Ihr ist es wichtig, einen sozialen Beitrag zur Gehörlosengemeinschaft zu leisten und sie ist zurzeit die einzige Steuerberaterin in ganz Deutschland mit diesem Angebot. Aufgrund ihrer vollständig digital aufgestellten Kanzlei berät sie deutschlandweit Mandant:innen in sämtlichen steuerlichen Fragen. Instagram | Webseite

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Mareike ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und hat viele Jahre in einer Arbeitgeberkanzlei gearbeitet, bevor sie sich 2019 mit eigener Kanzlei selbständig gemacht hat. Vereinbarkeit ist ihr als Mutter von zwei Töchtern privat sehr wichtig – bei nine to life zeigt sie, wie diese in Betrieben umgesetzt werden kann und was Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen dabei rechtlich beachten müssen. Bei Instagram berichtet Mareike als @die.arbeitsrechtlerin über ihre Kanzleigründung und bereitet Arbeitsrecht so auf, dass jede*r es versteht. LinkedIn | Instagram | Website

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