Wenn sich eine Organisation das Thema Gesundheit nur vornimmt, um nach außen ein gutes Bild abzugeben, werden sie ihrer tatsächlichen Verantwortung nicht gerecht. Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz sollte zunächst einmal nachhaltige Effekte nach innen haben, bevor eine Unternehmenswebsite damit wirbt. Alles andere ist Bluewashing.
In dieser Ausgabe unseres Magazins geht es um das Thema Gesundheit. Um Gesundheit am Arbeitsplatz, mentale Gesundheit und darum, die eigene Gesundheit ernst zu nehmen. Wie immer, wollen wir Führungskräften und Unternehmen Ideen und Impulse vermitteln, damit sie das Thema in ihren Arbeitsalltag integrieren können. Vor allem unsere drei Praxisbeispiele zeigen: Gesundheit ist Führungssache und muss von dort priorisiert werden.
Viele Unternehmen haben erkannt, dass ihre Haltung zu Themen wie Diversity, Gesundheit oder Vereinbarkeit besonders bei der Gewinnung von neuen Mitarbeitenden eine Rolle spielt. Fachkräfte wählen kritisch aus, bei wem sie ihre Kompetenzen zum Einsatz bringen. Grund genug für die meisten Unternehmen, auf ihren Karriereseiten einen eindrücklichen Maßnahmenkatalog dazu zu veröffentlichen, um das Interesse von Bewerber:innen zu erhalten.
Wenn die Organisation nicht hält, was die Karriereseite verspricht
Was hierbei aber wichtig ist: diese Maßnahmen müssen echt sein. Sie müssen sich weiterentwickeln und an den tatsächlichen Bedürfnissen der Mitarbeitenden ausrichten. Ein Unternehmen, das sich auf die Fahnen bzw. Karriereseiten schreibt, Elternschaft zu fördern, aber nicht einmal Homeoffice anbietet, meint es wahrscheinlich nicht so ernst damit. Unternehmen, die nach langen Krankheiten der Mitarbeitenden gerade mal das gesetzlich verpflichtende Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) anbieten, aber keine vorbeugenden Maßnahmen tätigen, gehen nicht die Extrameile, um ihre Mitarbeitenden gesund zu halten. Da kann der Obstkorb in der Mitarbeiterküche noch so groß sein.
Immer bekannter hierzu wird der Begriff Bluewashing, eine Art „moralisches Ablenkungsmanöver bezüglich des sozialen Engagements eines Unternehmens, um soziale Gerechtigkeit und Verantwortung vorzutäuschen” ( Verbraucherportal VIS Bayern).
Der Begriff hat seinen Ursprung in der Kritik des Global Compact der UN. Hier verpflichten sich die teilnehmenden Unternehmen freiwillig u.a. zur Einhaltung von Menschen- und Arbeitnehmerrechten. Da aber auch Konzerne teilnehmen, die in Sweatshops zu widrigen und schlechtbezahlten Bedingungen – teilweise sogar unter der Nutzung von Kinderarbeit – produzieren lassen, wird der Global Compact immer wieder kritisiert.
Klare Prioritäten von Arbeitnehmende bringen Firmen zunehmend unter Druck
Zum Glück haben wir in Deutschland Gesetze, denen sich Unternehmen nicht in so extremer Form widersetzen können. Bei uns werden Menschen- und Arbeitnehmerrechte geachtet und gelebt. Aber fassen wir den Begriff blue washing weiter und beziehen ihn auf die aktuellen Fokusthemen der Arbeitnehmenden, die oft nicht nachhaltig in der Unternehmenskultur verankert sind, finden wir sicher viele Blender.
Von diesen Blendern wird es hoffentlich immer weniger geben. Wenn ein Arbeitsmarkt aus Arbeitnehmenden mit Prioritäten besteht, übt das Druck auf Unternehmen aus. Wir wünschen uns diesen Arbeitsmarkt, der sich nicht länger von Bluewashing-Maßnahmen beeindrucken lässt. Und vor allem wünschen wir uns Unternehmen, die bereits verinnerlichen, dass gesunde motivierte Angestellte ein viel besseres Aushängeschild sind als aufpolierte Karriereseiten auf der Website.